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Nicht mehr Verketzerung

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DAS ZEITALTER DER GEGENREFORMATION. Von Ernst Walter Zeeden Herder- Bucherei, Band 281. Verla Herder, Basel-Freibur -Wien. 304 Seiten. DM 9.90. - DIE SPANISCHE INQUISITION. Von Henry K a m e n. Aus dem Englischen von Arno Dom. Rotten & Loening-Verlag, München, 1967. 308 Seiten, 13 Abbildungen. DM 28.—.

Im Rahmen einer Betrachtung über die iim Vordergrund der Geschichtsschreibung stehenden Zeiträume wurde jüngst behauptet, daß sich die Profanhistoriker kaum mehr mit der Reformation und ihren Folgen befassen. Mag diese Feststellung vielleicht auf die Quantität der Arbeiten zutreffen — sie ist hier nicht zu überprüfen —, so keinesfalls auf ihre Qualität.

Es läßt sich nämlich erfreulicherweise nicht mehr verkennen, daß die Geschichte der Reformation und ihrer Folgen immer mehr in ihrer Gesamtheit gesehen wird. In dieser Feststellung eingeschlossen ist eine zweite: Geschichte der Reformation und Gegenreformation bedeutet nicht mehr Verketzerung des Gegners, sondern Dialog zwischen katholischen und evangelischen Christen und Überprüfung der bisher eingenommenen und für uneinnehmbar gehaltenen Positionen. In diese Reihe dürfen wir die Forschungen des Tübinger Historikers Zeeden über die Konfessionsbildung einreihen. Für einen größeren Leserkreis geschrieben wurde der vorliegende Band der Herder-Bücherei, in dem an Calvinismus, Jesuitenorden und nachtridentinischem Papsttum — den stärksten Kräften des gegen- reformatorischen Zeitalters — in klarer und überzeugender Weise die Folgen aus der Vermengung des politischen Entwicklungsprozesses mit der Konfessionsbildung dargelegt werden. Es bedurfte einer langen Zeit bis zur Erkenntnis,

„ ... daß die Rechtgläubigkeit im Sinne einer Staatsreligion und die Duldung andersgläubiger Christen und Bekenntnisse im politischen Raum ihren Platz nebeneinander haben können“. Eine Erkenntnis, die mit dem II. Vatikanischen Konzil den vollen Durchbruch erreicht zu haben scheint. „

Zu den Grundprinzipien moderner Geschichtsschreibung gehört der Auftrag an den Historiker, Menschen, Institutionen und Vorgänge aus der jeweiligen Situation zu er- klären. Henry Kamen wendet dieses Prinzip bei der Darstellung g des Entstehens und Wirkens der spanischen Inquisition an. Jener kirchlich-weltlichen Einrichtung, die so viel Kampfmateriai für die Bildung der „schwarzen Legende“ gegen Spanien und gegen die katholische Kirche im Zeitalter der Aufklärung geliefert hat. Kamen betrachtet die Inquisition von der Soziologie her und sieht in ihr ein gesellschaftsbildendes zum Schutz des Adels gegen die „Neureichen“ dienendes Instrument. Sie diente mehr den wirtschaftlichen Interessen bestimmter Gruppen und weniger der religiösen Einheit und fand in den breiten Volksmassen Unterstützung.

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