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Priester im Betrieb

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. Priester und Theologiestudenten haben auch in diesem Sommer in Österreich wieder in Industriebetrieben gearbeitet. Als sich 40 dieser Kapläne und Seminaristen kürzlich in Salzburg trafen, um ihre Eindrücke und Erlebnisse auszutauschen, war das keine „Tagung“ im üblichen Sinn, sondern ein ehrliches, offenes Gespräch und eine gemeinsame Besinnung auf das Wesentliche der priesterlichen Aufgaben in diesem Milieu. /

Man brauchte nicht erst lange von einer „Bekehrung zur Welt und zum Menschen“ zu reden, denn die Teilnehmer kamen direkt vom,Arbeitsplatz, von ihren Arbeitskollegen, mit denen sie einige Wochen Kameradschaft und Kollegialität verbunden hatten. Und tatsächlich berichteten die Priester übereinstimmend, daß sie sich schnell in dem ungewohnten Milieu zurechtgefunden hatten, und alle waren überrascht, von der Kameradschaft und Hilfsbereitschaft ihrer Arbeitskollegen. Manchen wurde zwar die Frage gestellt: „Warum tut ihr das? Wer hat euch geschickt?“, aber es bedurfte nicht vieler Worte, um klarzustellen, daß es sich weder um Parteispitzel noch um einen ausgeklügelten Bekehrungsfeldzug handelte.

Als Auswertung der Erfahrungen

der Priester im Betrieb wurde festgehalten:

• Die menschliche Art des Priesters ist erste und wichtigste Voraussetzung, um angenommen zu werden; alles „Amtliche“ und fromme „Getue“ stößt ab.

• Ein Betriebseinsatz wäre für alle Theologen in der Ausbildungszeit notwendig.

• Priester, die in Industrieorten eingesetzt sind, sollten zeitweise in den örtlichen Betrieben arbeiten; denn die Kontakte, die am Arbeitsplatz geschaffen werden, sind in der üblichen Pfarrseelsorge nicht möglich. Auch werden Mißtrauen und Mißverständnisse so viel schneller und überzeugender abgebaut.

• Zu überlegen wäre ein dauernder Einsatz eines Priesterteams in größeren Betrieben und Industrieorten.

• Die Bestellung haupt- und nebenamtlicher Betriebsseelsorger verlangt in den Diözesen eine langfristige Personalpolitik und entsprechende Ausbildung.

Das Priesterbild der Zukunft muß bestimmt sein von einer neuen Nähe zur Welt und zu den Menschen. Die Betriebsseelsorge und der Betriebseinsatz sind bereits solche Formen der Nähe. Das Wirken der französischen Arbeiterpriester und auch die Versuche der Priester und Seminaristen in unserem Land sind keines-

wegs ein nach Aufsehen schielendes Experiment fortschrittlicher Apologetik, sondern der nicht mehr beliebig auswechselbare Ausdruck einer neuen Begegnung des Christen — und damit auch des Priesters — mit der Welt. Er muß wieder mehr als bisher Wegbegleiter, Weggefährte des Menschen sein, vor allem des Menschen ohne Hoffnung — wie Christus der Begleiter der Emmaus-jünger war.

Der Mensch von heute will als ratsuchender nicht von einer Art „institutionalisierter“ Nächstenliebe abgefertigt werden. Er sucht vielmehr den Priester mit menschlichem Herz, orientiert an jener Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, die in Christus erschienen ist und die er durch sein Leben und Wirken weiterschenken soll.

Entspricht diesen Erfordernissen die bisherige Spiritualität und Praxis der Seminarerziehung? Von den meisten Anwesenden wurde dies in Frage gestellt.

Das Erfreulichste und Ermutigendste war vielleicht, daß die anwesenden Priester alles andere als bedrückt und pessimistisch schienen. Im Gegenteil: durch den engen Kontakt mit den Menschen am Arbeitsplatz war ihr Priestersein in neuer Weise angefordert und bestätigt worden.

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