Vielfach schallendes Nein

Werbung
Werbung
Werbung

Bischöfe der evangelischen Kirchen, der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Papst Johannes Paul II.: Selten waren sich Christen so einig wie in der Ablehnung eines "Präventivkrieges" gegen den Irak.

Kaum in einer politischen Frage sind sich die großen Kirchen so einig wie in der Ablehnung eines "Präventivkrieges" gegen den Irak. Nicht nur Papst Johannes Paul II. wirft sein moralisches Gewicht in die Waagschale. Letzte Woche plädierten protestantische und orthodoxe Kirchenvertreter in einer "Berliner Erklärung" für eine friedliche Lösung des Irakkonfliktes - darunter der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Manfred Kock, der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Konrad Raiser, sowie Österreichs evangelischer Bischof Herwig Sturm.

Der Papst setzt inzwischen seine Bemühungen um Frieden fort: Letzte Woche empfing er Joschka Fischer, der deutsche Außenminister berichtete über eine "große Nähe der Positionen" in der Irakfrage. Johannes Paul II. geht aber noch einige Schritte weiter: So will er am 14. Februar den irakischen Vizepräsidenten Tarik Aziz, einen chaldäischen Katholiken, empfangen. Und zur Zeit bereist der französische Kurienkardinal Roger Etchegaray in päpstlicher Mission den Irak.

Nach dem Auftritt von US-Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat ließ der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Erzbischof Renato Martino, mit klaren Worten aufhorchen: Martino bezeichnete die von Powell vorgelegten "Beweise" für irakische Massenvernichtungswaffen als "vage" und "noch weniger überzeugend als die am 25. Oktober 1962 bei der Kubakrise vorgelegten". In einem Interview mit der US-Zeitung National Catholic Reporter ging Martino mit den ethischen Begründungen für einen Präventivkrieg ins Gericht: die "katholische Antwort" darauf sei ein "schallendes Nein". Martino verglich die Entwicklung der Kirchenlehre vom gerechten Krieg mit der Haltungsänderung zur Todesstrafe: Im Weltkatechismus werde konzediert, dass die Todesstrafe "in schwerwiegendsten Fällen" zulässig sei. Aber Papst Johannes Paul II. habe klargestellt, dass die Gesellschaft ohne Todesstrafe auskommen könne. Martino: "Das gilt auch im Falle des Kriegs: die moderne Gesellschaft hat die Mittel, den Krieg zu verhindern."

Wo sich der Papst selbst zu Wort meldet, werden seine Töne immer beschwörender: "Der Krieg ist nicht unvermeidbar", erklärte er beim 35-Jahrjubiläum der Gemeinschaft Sant'Egidio, die sich durch Vermittlung bei Konflikten in verschiedenen Weltgegenden einen Namen gemacht hat.

So vergeht zur Zeit kaum ein Tag, an dem nicht Vertreter der Kirchen gegen den Krieg Stellung nehmen.

Es gibt wohl Gegenstimmen. So kritisierten in Deutschland Oppositionspolitiker die Kirchenhaltung: "Christen dürfen sich durchaus in bestimmten Fällen für militärische Maßnahmen aussprechen", meinte der kirchenpolitische Sprecher der CDU/CSU im Bundestag, Hermann Kues, in Bezug auf das Nein der deutschen Bischöfe zu einem Irakkrieg, und die FDP-Kirchenbeauftragte Maria Sehn warf der Evangelischen Kirche eine "wenig hilfreiche Rhetorik" vor. Auch der spanische Verteidigungsminister Federico Trillo-Figueroa erklärte die Papstworte zum Irak für nicht verbindlich: Als Katholik habe er kein Problem, eine andere Meinung als die Bischöfe einzunehmen. Schließlich besucht - auf Einladung des US-Botschafters beim Heiligen Stuhl, James Nicholson - auch der konservative katholische Ethiker Michael Novak Rom, um den Vatikan von der Notwendigkeit eines Präventivschlages gegen Saddam Hussein zu überzeugen. Novaks Lobbying-Chancen sind begrenzt: So haben 60 US-Ordensobere bei Nicholson gegen die Einladung Novaks scharf protestiert.

Selten hat sich eine solche Kluft zwischen den großen Kirchen der Welt und der Realpolitik der USA samt ihrer Parteigänger aufgetan. Ob die christlichen Friedensstimmen George W. Bush Einhalt gebieten, aber auch Saddam Husseins diktatorisches Regime zum Einlenken bewegen können? Die "Waffen" der Christen - Bewusstseinsbildung und Gebet - sind in vielen Weltgegenden im Einsatz. Auch in Österreich (siehe Kasten).

Friedensgebet

Fünf vor zwölf

Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich lädt zur Gebetsstunde Frieden in Gerechtigkeit, um

* ein gemeinsames Zeichen der Hoffnung auf Frieden zu setzen,

* sich hinter das "Nein zum Krieg" der Kirchen zu stellen,

* aufzurufen, Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen.

Zeit: Samstag, 15. Februar, 11 Uhr 55

Ort:

Wien, Stephansdom

Initiatoren: Katholische Aktion Österr., Katholische Jugend Österr., Fokolar-Bewegung, Initiative Christentum und Gerechtigkeit, Internationaler Versöhnungsbund, Pax Christi

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung