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Dei Elternwahlsschule

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Wo die Verhältnisse es gestatten, wenden sich die Eltern daher dem Privatschulwesen zu, das ihrer weltanschaulichen Uberzeugung entspricht. Das ist aber fast ausschließlich nur vermögenden Kreisen möglich; der Großteil der Elternschaft kann sich angesichts der allgemeinen hohen Lasten und des knappen Einkommens zusätzliche Ausgaben für die Schule einfach nicht leisten. Begreiflich, daß sie nach anderen Lösungsversuchen Ausschau hält. Einen solchen erblickt sie in der öffentlichen katholischen Elternwahlschule.

Diese Schule soll eine öffentliche, das heißt staatlich geführte und erhaltene Schule sein. Sie ist dem staatlichen Schulwesen gänzlich eingegliedert, untersteht den staatlichen Schulbehörden, hält sich an die allgemein geltenden Lehrpläne. Ihre Lehrer sind vom Staate angestellt und besoldet, das Dienstrecht gilt für alle Lehrpersonen in gleicher Weise, Der katholische Charakter der Schule soll dadurch gesichert werden, daß die Voraussetzungen für eine Erziehung im christlich-gläubigen Geist geschaffen werden. Demnach sollte in der Lehrerernennungskommission die kirchliche Behörde vertreten sein, damit in den katholischen Schulen auch wirklich gläubige Lehrpersonen eine solche Erziehung gewährleisten. Auch im alten Österreich mußte wenigstens der Oberlehrer dem Bekenntnis der örtlichen Mehrheit angehören. Für die Erstellung der Lehr- und Lesebücher wird gleichfalls das Einvernehmen mit der kirchlichen Behörde erwünscht, um religionswidrige Einwirkungen hintanzuhalten und wenigstens für die katholischen Schulen zusätzlich jene Lehrbehelfe zu ermöglichen, die dem pädagogischen Ziel dieser Schulen dienen.

Mit einer Ordnung dieser Art wäre die Einheitlichkeit des Schulwesens gewahrt, aber auch die Eltern wüßten ihre Kinder in jenem Geist erzogen, der ihrem Gewissensanliegen entspricht.

Die Schule wird als Elternwahlschule bezeichnet. Dem natürlichen Recht der Eltern gemäß, aber auch nach bester demokratischer Gepflogenheit können die Eltern jene Schulform verlangen und bevorzugen, die ihrem Wollen entspricht. Die Uniformierungstendenzen unserer Zeit zielen auf das Staatsmonopol über das Schulwesen und über die Erziehung ab.

Abgesehen davon, daß ein Schulmonopol dem ureigentlichen Aufgabenbereich des Staates widerspricht, wehren sich die Eltern dagegen, da ihnen auch der Staat nie die letzte Verantwortung für die Erziehung abnehmen kann. Freilich kann nicht jedermann die Schule seines Geschmacks eingeräumt werden. Es müßte aber möglich sein, daß eine öffentliche Schule durch das Beiwort katholisch gekennzeichnet wird, wenn die qualifizierte Mehrheit eines Ortes oder einer Schulgemeinde (worunter ich die zu einer Schule gehörige Elternschaft verstehe) durch freie Abstimmung sich dafür entscheidet. Eine 75prozentige oder 80prozentige Mehrheit könnte wohl als notwendig, aber auch als ausreichend erklärt werden.

Diese Lösung hat mit den konfessionellen Schulen des Burgenlandes vor 1938, wie man sieht, nicht viel mehr gemein. Das Wesentliche aber wäre doch erreicht, nämlich eine ErZiehung aus gläubigem Geist durch eine gläubige Erzieherpersönlichkeit. In der gegenwärtigen Schule ist das keineswegs mehr allgemein gegeben, die unheilvollen parteipolitischen Einflüsse auf die Stellenbesetzung und die damit leider verbundene Verpolitisie-rung des Schulwesens legt es dringend nahe, andere Wege zu beschreiten und vor allem das Mitspracherecht der Eltern als der Erst- und Hauptinteressierten zu berücksichtigen. Auch die katholische Lehrerschaft ist sich dessen bewußt, daß sie bei ihrem hohen und verantwortungsvollen Amt zunächst nicht im Auftrag des Staates, erst recht nicht einer Bürokratie oder einer Partei, sondern im Auftrag und durch Bevollmächtigung seitens der Eltern tätig ist.

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