Ein Jubiläum und neue Perspektiven

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Das Kirchenmusikinstitut der Wiener Musikuniversität feiert 100 Jahre, sein Leiter, Erwin Ortner, beginnt mit Mozarts Krönungsmesse seine erste Saison als Wiener Hofkapellmeister. Der Schwerpunkt des Repertoires – pro Jahr über 40 Messen – liegt auf der Wiener Klassik bis hin zu Bruckner. Längerfristig wird Ortner diese Programmschiene erweitern.

Das Studium der Musica Sacra ist ein Muss, um die Musik des Abendlandes zu verstehen. Ohne die geistliche Chormusik von Heinrich Schütz zu kennen, kann man Brahms, nicht zuletzt was Tempi betrifft, nicht verstehen“, bricht Erwin Ortner, langjähriger Vorstand des Instituts für Orgel, Orgelforschung und Kirchenmusik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, deren Rektor er zwischen 1996 und 2002 war, eine Lanze für das Kirchenmusikstudium. Die Wiege seines Instituts stand im Stift Klosterneuburg. Hier wurde 1910 die erste Ausbildungsstätte für Kirchenmusik im deutschsprachigen Raum auf akademischem Niveau gegründet. 1924 wechselte das Institut in die Wiener Franziskanerkirche. Seit 1967 ist die Kirchenmusikabteilung im ehemaligen Ursulinenkloster in der Wiener Johannesgasse untergebracht.

Das Studium der Kirchenmusik

Dort, aber auch in weiteren katholischen und evangelischen Kirchen Wiens wird ab Mitte Oktober sechs Wochen lang „100 Jahre Kirchenmusikstudium in Wien“ gefeiert, mit Gottesdiensten, Festvorträgen – unter anderem von Peter Planyavsky, dem langjährigen Domorganisten von St. Stephan, einem der wesentlichen Mentoren dieser Perspektive –, Orgelabenden, Workshops und Uraufführungen von Michael Radulescu oder Elfi Aichinger. Nicht nur der Hinweis auf die Tradition ist den Initiatoren wichtig, sondern ebenso der Blick in die Zukunft. Ortner wird diese Festivitäten am 15. Oktober mit einer Max-Springer-Messe in Klosterneuburg eröffnen, in einem Workshop Bruckner-Motetten erarbeiten, in der Evangelisch-Lutherischen Stadtkirche Bach dirigieren und am 26. November mit dem Chor seines Institutes den Abschlussgottesdienst in St. Ursula gestalten.

Sechs Jahre dauert das nach den Vorgaben des Bologna-Prozesses organisierte Kirchenmusikstudium: Vier Jahre benötigt man für den Bachelor, zwei weitere für den Master. Zwei Studierende sind gerade dabei, über ein gregorianisches Thema bei dem international anerkannten Gregorianik-Spezialisten Cornelius Pouderoijen zu dissertieren. Pouderoijen ist nicht nur ein Professorenkollege Ortners, der stets den Ehrgeiz hat, nicht nur bestmöglich für die Praxis vorzubereiten, sondern auch die besten Lehrkräfte an sein Institut zu binden. Mit ihm arbeitet der weltweit gesuchte Chorerzieher seit Jahresbeginn auch in seiner neuen Funktion als Hofkapellmeister zusammen. Ortner ist damit an den Beginn seiner musikalischen Karriere zurückgekehrt, denn begonnen hat er bei den Wiener Sängerknaben. Mit dem Herrenchor der Wiener Staatsoper und dem sich aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker rekrutierenden Orchester bilden sie das Ensemble der seit 1498 bestehenden Wiener Hofmusikkapelle.

Ortners Credo, „Musik macht nur Sinn, wenn man die Worte und den Hintergrund versteht“, versucht er auch in dieser Funktion umzusetzen. So hat er beispielsweise Programmhefte entworfen, die den Besuchern die Bedeutung der Texte besser erschließen. Und auch wenn er Kirchenmusik auf höchstem Niveau bieten will, sieht er die Musik stets in den jeweiligen liturgischen Ablauf integriert. Der Schwerpunkt des Repertoires – pro Jahr sind über 40 Messen zu programmieren – liegt nach wie vor auf der Wiener Klassik bis hin zu Bruckner. Längerfristig wird Ortner diese Programmschiene erweitern.

Stilbildende Aufführungen

So haben René Clemencic und sein Ensemble bereits eine Messkomposition aus der Renaissancezeit aufgeführt. Renaissancemusik wird künftig jeweils im Advent und zur Fastenzeit auf dem Programm stehen. Fix sind auch drei Choralämter. Die Hälfte der Messen, auch das eine Neuerung, wird Ortner selbst dirigieren. Dabei geht es ihm um stilbildende Aufführungen. Schließlich sei es durchaus nicht nebensächlich, welchen Haydn oder Mozart man in der Hofmusikkapelle zu hören bekomme.

Neben bewährten Hofmusikdirigenten sollen auch neue zum Zug kommen. Eingeladen hat Ortner bereits den künstlerischen Leiter der Wiener Sängerknaben, Gerald Wirth. Am 24. Oktober wird Franz Welser-Möst am Pult stehen. Auch die Tradition, dass die Hofmusikkapelle einmal in der Saison in den Konzerten der Gesellschaft der Musikfreunde im Musikverein gastiert, wird fortgeführt: Am 13. und 14. November dirigiert Peter Schreier ein Mozart-Programm. Nächstes Jahr wird Nikolaus Harnoncourt mit den Ensembles der Hofmusikkapelle Haydns Harmoniemesse dirigieren, 2012 Christian Thielemann bei der Hofmusikkapelle debütieren. Ortner eröffnet den Reigen der von ihm ab diesem Herbst selbst verantworteten Programme am 19. September mit Mozarts Krönungsmesse.

www.hofburgkapelle.at

www.mdw.ac.at/iof

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