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Des letzten Ritters Jugend

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DER JUNGE MAXIMILIAN 1459—1482. Von Heinrich Fichtenau. Verlag für Geschichte und Politik, Wien. 56 Seiten. Preis 25 S.

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DER JUNGE MAXIMILIAN 1459—1482. Von Heinrich Fichtenau. Verlag für Geschichte und Politik, Wien. 56 Seiten. Preis 25 S.

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In der trefflichen Reihe „Oesterreich-Archiv“ ist zum heurigen Gedenkjahr Kaiser Maximilians I. dieses Bändchen aus erprobter Feder erschienen. Ein Thema wird hier besprochen, welches Ausblicke aller Art eröffnet.

Immer wieder führen politische Aktualitäten auf die Frage zurück: Warum, warum nur blieb Kaiser Franz taub für den Jubelruf der Frankfurter, die 1813 den Kaiser, den Befreier, den gekrönten König von Germanien begrüßten? Warum hörte er nicht auf den Dichter, der ihm zurief: nimm den Kranz, dir zugedacht!"

Im vorliegenden Band haben wir ein Stück der Antwort! Was war die Krone Karls des Großen für das Haus Oesterreich? Man ist versucht, zu sagen: Symbol einer Aufgabe, die bewußt unmöglich gemacht wurde. In der deutschen .Krone der Oesterreicher war als erster aller Steine nicht der Stein der Weisen, der Stein der Macht eingefügt, sondern der Stein dės Sisyphus. Immer und immer wieder waren in Ost und West, in Nord und Süd Feinde zu bekämpfen, denen deutsche Verbündete entgegenkamen; immer wieder waren die Trümmer der Kaisermacht zu sammeln, das zerfallende Reichsgebäude neu zu festigen; immer wieder „hurtig mit Donnergepolter entrollte der tük- kische Marmor…“ Eine Episode aus diesem eintönigen Verlauf können wir hier beobachten. — Im alten Heimatland der Karolinger, in der kulturellen Mitte zwischen germanisch und romanisch, im damals' reichsten Land nördlich der Alpen war die Macht von Burgund erwachsen1.'’Kaiser Friedrich rIlI. bot sich die Gelegenheit, den burgundischen Gesamtstaat als Königreich zu festigen, durch die Verleihung der Königskrone seine kaiserliche Hoheit zu erzeigen, ganz Burgund dem Reich anzuschließen, dem eigenen Haus darin eine unzerstörbare Grund lage für die Nachfolge an der Reichskrone zu verschaffen. Nicht zu machen! Unmöglich, den Willen der Kurfürsten für solche Stärkung des Reiches zu gewinnen. Und • so blieb Maximilian der fahrende Ritter, der mit allen Mitteln und Mittelchen, würdigen und unwürdigen, an seiner unmöglich gemachten Aufgabe ?u arbeiten hatte bis in die Todmüdigkeit der letzten Reise. — Wer will ; es Kaiser Franz verdenken, wenn er den Stein des Sisyphus von sich warf, um den österreichischen Waffen endlich drei Jahrzehnte des Friedens zu schenken?

Doch kehren wir von den Ausblicken zurück zu den Einzelheiten des Buches. — Da sehen wir den märchenhaften Prunk von Burgund; und wie einst Jung-Siegfried an den Hof jener anderen Bur- gunden, so reitet der junge Maximilian aus seinem zerstrittenen, ärmlichen Oesterreich aus, um Herz und Hand der Fürstentochter zu gewinnen. Aventiure folgt auf Aventiure, bis endlich doch die Niederlande dem Haus Oesterreich gewonnen sind für drei Jahrhunderte. Und wieder hat „Liebe Leid gebracht“: die geliebte Fürstin des Märchenlandes stirbt ganz jung. ..

Der Autor weiß es deutlich zu machen, wie nun in Maximilian die verschiedensten Geistesströmungen seiner Zeit Zusammentreffen. Das altdeutsche Rittertum und die eigenen Ueberlieferungen der österreichischen Länder; der Humanismus der Italiener, die in Friedrich zum letztenmal einen in Rom gekrönten Kaiser gesehen hatten; zum erstenmal die Tradition der atlantischen Welt mit Maximilians Mutter Eleonore von Portugal; all die mittelalterlichen kirchlichen Gedankenreihen, die sich an fürstliches Regiment überhaupt, und vollends an das Heilige Reich knüpften; und schließlich der überreiche, vielfältige Strom der Kultur in burgundischen Landen — das ist der Hintergrund für Maximilians eigene Geistesarbeit und für die Tätigkeit von Künstlern und Gelehrten, die er beschäftigte.

Es ist begreiflich, und unser Autor verweist auch darauf, daß Maximilians Propaganda manchmal die negativen Züge einer Ueberkompensation aufweist; der kaiserliche Ritter, im Leben immer bedrängt, will auf dem Papier von der Heiligengeschichte bis zur Kochkunst aber auch schlechthin alles am besten wissen! Manchmal erwehrt man sich des Lächelns nicht.

Wenn wir eigens die reichlichen Literatur- und Quellenangaben erwähnet!, mit denen : das Büdhl£iri ausgestaftet ist. so müssen «lit damit die'Empfehlung des rechtzeitig erschienenen Werkes beschließen. Möge der Leser selbst darin das Bild von Maximilians Persönlichkeit, den Kommentar zu den zauberhaften Handschriften aus seiner Zeit suchen.

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