6688242-1962_26_09.jpg
Digital In Arbeit

Eine alte Kreuzfahrerkirche

Werbung
Werbung
Werbung

Den Körper des heiligen Johannes brachten seine Jünger anscheinend aus dem Herrschaftsgebiet des Herodes Antipas auf das römische Gebiet der Statthalterschaft Syrien und bestatteten ihn (wie der heilige Hieronymus berichtet) in der Hauptstadt von Sama-ria. In dieser, heute Sebastije genannten, Stadt besteht über dem Rest einer Johanneskirche eine Moschee, in welcher sich noch einige Gebeine des heiligen Johannes befinden sollen. Hierüber wird im Werk „Palästina in Bild und Wort“, herausgegeben von Georg Ebers und Hermann G u t h e, (1. Bd. Seite 296) berichtet:

„Das einzige erhaltene Gebäude ist eine Johannes dem Täufer geweihte Kirche der Kreuzfahrer, welche ursprünglich mit starken Festungswerken in Verbindung gestanden hat, durch die die Johanniter-Ritter die Stätte ihres Schutzpatrons beschirmen wollten. Die Mauern sind stark verfallen, das Dach ist verschwunden, nur an der Südseite ist ein Seitenschiff zu einer Moschee notdürftig hergerichtet. Eine Kuppel wölbt sich über eine in den Felsen gehauene Gruft, zu der 21 steile Stufen hinabführen. Mehrere Johanni-ter-Kreuze an der Wand sind durch gewaltsame Verstümmelung stark entstellt. Eine der Steinplatten deckt nach einer alten Überlieferung das Grab des Me bi Jahja, Johannes des Täufers.“

Wie aus dieser Schilderung hervorgeht, war den Kreuzfahrern, namentlich auch den Johannitern, der vom heiligen Hieronymus angegebene Begräbnisort des heiligen Johannes bekannt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß

Reliquien des heiligen Johannes von hier zur Zeit der Kreuzzüge oder schon früher nach Jerusalem gebracht wurden. So entstand vielleicht über die Kapelle des heiligen Johannes in Jerusalem die Tradition, daß in ihr der Enthauptungsort Johannes des Täufers sei. Es gibt aber genügend historische Gründe, die gegen diese Tradition und für Machärus als Hinrichtungsort sprechen.

Die moderne Forschung zweifelt nicht an der bereits von Josephus Flavius behaupteten Kerker- und Hinrich-turigsstätte MachärUS.^BsVset1 hter mir auf die Geschichte Israels von G. R'iYciotte (Kapitel 3 71-373) verwiesen. Die Jünger des heiligen Johannes dürften nun aus dem gleichen Grund, der den Tetrarchen nötigte, die Einkerkerung und Hinrichtung des Täufers auf seinem Herrschaftsgebiet vorzunehmen, den Leichnam des heiligen Johannes, um ihn weiteren Zugriffen des Tetrarchen zu entziehen, in die römische Provinz Syrien gebracht haben. Die Grabstätte in der Provinzhauptstadt Samaria, (sowie die wahrscheinliche Verbringung von Reliquien des heiligen Johannes des Täufers in die Provinzhauptstadt Jerusalem), können als Beweise in dieser Richtung gewertet werden. Der Kopf des heiligen Johannes wanderte anscheinend nach der Hauptstadt Syriens, Damaskus, und wurde in einer am Ende des vierten Jahrhunderts vom oströmischen Kaiser Arkadius zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers erbauten Kirche beigesetzt. Nach der Eroberung von Damaskus durch die Araber unter dem Kalifen Omar (635 n. Chr.) wurde diese Kirche in die heute noch bestehende Omajjaden-Moschee, die auf ihren Grundmauern erbaut ist, einbezogen, in welcher heute noch ein vergoldeter Schrein angeblich das Haupt Johannes des Täufers enthalten soll.

Im jüdischen Krieg erwarb der Legat Lucilius Bassus das Kastell Machärus, nachdem er durch Ausfüllung der östlichen Talschlucht es zugänglich gemacht hatte und die hierdurch und durch die Gefangennahme ihres örtlichen Helden, Eleazar, verzweifelten Juden ihm Machärus übergeben hatten.

Aus Josephus, Geschichte des jüdischen Krieges (VII, 6, l), geht hervor, daß es für Lucilius Bassus notwendig war, „diese Festung zu zerstören, da sie sonst ihrer Stärke wegen eine Menge Juden zum Abfall gereizt haben würde, zumal schon die natürliche Beschaffenheit des Platzes geeignet war, einer Besatzung festes Vertrauen, den Angreifern aber Furcht und Zagen einzuflößen“. Über den heutigen Zustand der Feste Machärus gibt uns Keller in seinem Werk „Und die Bibel hat doch recht“ (s. 348 ff.) Auskunft:

„Machärus, die Stätte, an der Johannes sein Leben lassen mußte, liegt inmitten einer rauhen, düsteren Szenerie am Ostufer des Toten Meeres. Keine Straße verbindet den einsamen Ort mit der Welt. Vom Jordantal geht es auf schmalen Pfaden südwärts in die trostlose kahle Bergwelt des alten Moab. In den tiefgelegenen Trockentälern ziehen einige wenige

Beduinenfamilien mit ihren Herden über karges, hartes Gras.

Unweit des Flusses Arnon strebt ein mächtiger Kegel über die Buckel der anderen Berge hinaus. Seine von kühlen Winden umfächelte Kuppe trägt noch heute Ruinen. ,E1 Mash-naka', .Hängender Palast' heißt die verlassene Stätte bei den Beduinen. Hier stand die Festung Machärus. Mit dem bloßen Auge ist weit im Norden jener Teil des Jordantales zu erkennen, wo Johannes das Volk taufte und wo er verhaftet wurde.

Bislang hat noch kein Forscher in den Ruinen von ,E1 Mashnaka' den Spaten angesetzt, und erst wenige haben den einsamen Platz überhaupt je aufgesucht. Unterhalb der Kuppe ist die Felswand an einer Stelle tief ausgehöhlt. Von hier geht es durch schmale Gänge in ein mächtiges Gewölbe, das zuweilen Nomaden und ihren Herden Unterschlupf bietet, wenn sie in den Moab-Bergen von plötzlichen Unwettern überrascht werden. An den sorgsam ausgehauenen Wänden erkennt man das einstige Burgverlies. Dieses düstere Gewölbe nahm Johannes den Täufer nach seiner Verhaftung auf, hier wurde er enthauptet.

Wer von der Enthauptung des Johannes hört, verbindet damit automatisch den Namen Salome, denkt unweigerlich an jene Tochter der Herodias, die auf Verlangen ihrer Mutter nach dem Tanz als Lohn das Haupt des Johannes gefordert haben soll. Diese Salome ging in die Weltliteratur ein. Oscar Wilde schrieb ein Schauspiel .Salome', Richard S t r a u s s nahm die Geschichte der jüdischen Fürstentochter zum Anlaß seiner berühmten Oper .Salome“, selbst Hollywood diente die Salome-Geschichte zum Vorwurf für einen Monumentalfilm.

Im Neuen Testament indes bleibt die Suche nach dem Namen dieser Prinzessin ergebnislos. Die Bibel tut der Salome mit keinem Wort Erwähnung. In der Erzählung von Johannes dem Täufer heißt es nur: .Tochter der Herodias' (Mk. 6, 22). Der Name der Tochter der Herodias' wurde durch Flavius Josephus überliefert. Ihr Aussehen bewahrte eine kleine Münze für die Nachwelt, auf der sie mit ihrem Gemahl Aristöbul abgebildet ist. Die Münze trägt dazu die Gravierung ,Des Königs Aristöbul, der Königin Salome'.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung