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SALVADOR DE MADARIAGA DAS PRINZIP FREIHEIT

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Wohl kein zweiter profilierter politischer Denker Europas hat auf das vielfach mißbrauchte, zerschlissene, mißzuv erstehende und sich immer mehr ins Nebulose verlierende Attribut „liberal“ einen echteren Anspruch als Sal-

vador de Madariaga, der vor einigen Tagen seinen 8b. Geburtstag beging.

In La Coruña wurde Madariaga 1886 als Sohn eines spanischen Offiziers geboren. Nach technischen Studien in Madrid und Paris arbeitete er zunächst als Ingenieur für.die spanischen Eisenbahnen. 1916 ließ ihn seine eigentliche Berufung den Beruf wechseln: Er wurde Publizist und Journalist, vor allem auf politischem und literarischem Gebiet, und übersiedelte nach England. Auf Grund seiner Studien und seiner Sprachkenntnisse — er schrieb seine Bücher in drei Sprachen, Spanisch, Französisch und Englisch — gleichsam mit Selbstverständlichkeit zum Kosmopoliten geworden, ergriff Madariaga nach dem Ende des ersten Weltkrieges begeistert die Gelegenheit, im Rahmen des Völkerbundes für ganz Europa, für die ganze Menschheit zu wirken. 1921 trat er in die Presseabteilung des Völkerbundes ein, von 1922 bis 1927 war er Direktor der Abrüstungsabteilung. Zwischen 1928 und 1931 machte er erstmals intensive Bekanntschaft mit der Universität, an die er später zurückkehren sollte, mit Oxford, wo er den akademischen Grad eines Master of Arts erwarb. 1931 holte ihn wieder die internationale Politik, er wurde spanischer Botschafter in Washington, dann in Paris.

Als sein Vaterland von den Wirren des Bürgerkrieges geschüttelt wurde und aus dem Kampf schließlich General Franco als Sieger hervorging, brach Madariaga mit dem offiziellen Spanien. Zwischen ihm, dem Rufer nach Freiheit, und dem autokr arischen Regime gab es keine gemeinsame Basis. Von Oxford und London erhob nun der Emigrant immer wieder seine Stimme gegen die Unterdrückung der Freiheit, ohne Rücksicht darauf, wer der Unterdrücker war, um welche Spielart der Diktatur es sich handelte. Nach 1945, als die Idee eines geeinten Europa einen großen, noch nicht mit nur schwierig überblickbaren anderen Interessen verquickten Aufschwung nahm, stellte sich Madariaga ganz in den Dienst des Europagedankens. Er wurde Präsident der Kulturabteilung der Europäischen Bewegung und des Collège d’Europe.

„Der lebendige Mensch: der

Mensch, der die Freiheit braucht und die Freiheit liebt, der Mensch als froher Mitarbeiter Gottes, als Liebhaber aller schönen, guten Dinge auf Erden — dieses wundersame, starke und leicht verletzliche, verführbare Wesen Mensch steht im Zentrum der Achse, um die Madariaga als Politiker, Publizist, Historiker. und Schriftsteller kreist“ — mit diesen Worten hat Friedrich Heer in der „Furche“ Madariagas Werk charakterisiert. Wenn die Worte „abendländisch“, „europäisch" noch eine Bedeutung haben, wenn sie doch noch mehr sind als Leerformeln — der brillante Feuergeist, der Kämpfer Madariaga verleiht ihnen Inhalt und Sinn.

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