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Wirken im Verborgenen

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Die bedeutungsvollste Wetterscheide im religiösen Leben Englands seit der Reformation, war jener Ausbruch aus der passiven Genügsamkeit, welche man The Oxford Movement nennt. Als historischen Ausgangspunkt nimmt man die flammende Predigt John Kebles im Jahre 1833, den sogenannten „assize sermon”, in den er die Einmischung des Parlaments in kirchliche Belange anprangerte. Heute wird diese Krise in der Geschichte der anglikanischen Kirche mit dem Übertritt John Henry Newmans, 1845, als abgeschlossen betrachtet. Mit Erleichterung wurde damals von der überwiegenden Mehrzahl der Bischöfe die Tatsache zur Kenntnis genommen, daß „einige wenige Herren dorthin gegangen sind, wohin sie logischerweise gehören”, daß aber ein Massenübertritt in Richtung Rom unterblieben war.

Nicht bloß ein Gerüst

Was war der leitende Gedanke der Oxford-Bewegung, was schrieben die „Tractarians”? Auf das Wesentlichste reduziert: daß die anglikanische Kirche nicht bloß ein Gerüst sei, um die öffentliche Moral zu stützen, nicht eine Anleitung zur respektablen, sonntäglichen Freizeitgestaltung und schon gar kein Zweig des Beamtentums, um eine damals recht wacklige Krone zusammengeschart. Sie wäre vielmehr ein Glied des heiligen Leibes Christi; ihre Aufgabe das o p u s D e i. Es ziemt sich gewiß nicht, darüber zu debattieren, ob es in allen Fällen dem Willen Gottes entspricht, daß ein Mensch, sofern er den katholischen Glauben erfaßt, unbedingt zur katholischen Kirche übertreten sollte. Mit Sicherheit kann jedoch festgestellt werden, daß zahllose Menschen seit jenen Tagen geglaubt haben, im Schoß der anglikanischen Kirche bleiben und dortselbst für die „Katholisierung” dieser Kirche arbeiten zu müssen.

J iWefet. ngJofethpükfßbg bt, Jori; ausha en zu müssen, durch Herkunft’ und Erziehung gestellt hat. Er glaubt an die „Zweig”- Theorie des Christentums und hält es für unangebracht, mangels einer unmißverständlichen inneren Regung durch den Heiligen Geist seinen spirituellen Standort zu wechseln. Der Haß, den die katholischgesinnten Priester im 19. Jahrhundert auf sich zogen, ist heute, wenn auch keinesfalls völlig verschwunden, schwer vorstellbar, ln den meisten Fällen mußten sie sich auf endlose Dienstjahre als Kooperatoren in den Slums, ohne Hoffnung auf Beförderung, gefaßt machen. Natürlich war es nicht so, daß sich bei allen Menschen, die vom „katholischen” Geist erfaßt waren, der Wandel im gleichen Maße vollzog. Es gab und gibt unendlich viele Schattierungen, und nur jene, die sich wahrlich katholisch fühlen, stellen sich ernsthaft die Frage, ob sie übertreten sollen oder nicht.

Den Anfang machten die Frauen

Angesichts der fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, die jene anglikanischen Weltpriester und Laien, die das monastische Leben außerhalb der römisch-katholischen Kirche suchten, erleben mußten, überrascht es daher nicht, daß es Frauen waren, welche die ersten am Leben gebliebenen, von Erfolg gekrönten Ordenshäuser gründeten. Die Ursache liegt auf der Hand: sie sahen und erfaßten ihre Aufgabe und gingen, ohne sich zunächst im geringsten um Regeln, Liturgie und dergleichen zu kümmern, ans Werk. 1845 kamen einige Damen zusammen, und begannen im Zeichen des heiligen Kreuzes für die Armen zu arbeiten. Zųm erstea; M 1 eįt der Reformation war somit das Ordenslebep innerhalb der reformierten Kirche in England T- in einer Form, die von dieser Kirche als gültig und echt angesehen werden sollte — wieder erwacht. 1848 bat der Bischof von Exeter, Dr. Phillpoll s, eine Dame namens Miss Lydia Sellons in die Slums der Hafenstadt Devenport zu gehen und dort Abhilfe zu schaffen. Im Krimkrieg dienten die Mitglieder dieser beiden Gemeinschaften als Krankenpflegerinnen unter Florence Nightingale. 1856 vereinten sie sich unter dem Namen der Heiligen Dreifaltigkeit.

Heute unterhält diese Gesellschaft eine Mittelschule für Externe und ein Erholungsheim. Die Schwestern leben unter bedingter Klausur, das Hauptanliegen des Ordens sind die Anbetung der Heiligen Dreifaltigkeit sowie ununterbrochene Fürbitte für die Bekehrung der Sünder, den Trost der Sterbenden und, seit kurzem, für die Einheit des Christentums. Die Ordensregel ist modern, teilweise auf der salesiani- schen basiert; im Chor wird das Sarum -Brevier (weitverbreitetes, mittelalterliches Brevier für englische Mönche) vollständig rezitiert.

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