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Zur Geschichte der Habsburger

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Der imposante Band bringt die wichtigsten Vorträge, die Christian August von Beck, bis 1754 Professor am Theresianum, dem 14- bis 19jäh-rigen Erzherzog Joseph (Joseph II.) von 1755 bis 1760 gehalten hat. Während' die Vorträge über das Lehnrecht nur engere Fachkreise interessieren wird, sind die Vorlesungen -über( Natur- und Völkerrecht sowie über das Staatsrecht des Heiligen Römischen Reiches noch heute allgemein lesenswert, wie es zunächst die vor 200 Jahren von Beck verfaßte Einführung in das Natur- und Völkerrecht bezeugt: Auch damals prüfte man das Widerstandsrecht, die Erfordernisse der Landesverteidigung, die Wehrdienstverweigerung, die Friedenssicherung durch einen Zusammenschluß aller Staaten, die Zulässigkeit eines Krieges und die Unterscheidung zwischen Offensiv- und Defensivkrieg. Der „Kurze Inbegriff des Deutschen Staatsrechtes“ orientiert über die Einrichtungen des Reiches und hat dem Werk Hermann Conrads hauptsächlich den Buchtitel gegeben. Auf dem seltsamen Umweg über das für einen kaiserlichen Prinzen bestimmte Unterrichtsprogramm — Stichjahr 1770 — erhält der Leser einen ausgezeichneten Einblick in das Heilige Römische Reich, das zwar mehr Mängel als Vorzüge besaß, aber doch ein Jahrtausend bestand.

Erläutert durch die „Einleitung“, geben die Vorträge eine gute Vorstellung von der gewissenhaften Erziehung eines habsburgischen Thronanwärters, wie wir sie durch W. C. Langsam auch für Franz II. und durch Corti für Franz Joseph I. , kennen, die ferner für übrige Prinzen, wie den Herzog von Reichstadt, von Bourgoing erschöpfend darge- (

stellt worden sind. Der aus Thüringen stammende, zum geadelten kaiserlichen Wirklichen Hofrat aufgerückte Beck beachtete beim Unterrieht korrekte neutrale Sachlichkeit, eine auffallendere erzieherische Ein-Wirkung tritt kaum zutage, wiewohl der eben vor sich gehende Sieben jährige Krieg reichlichen Anlaß i dazu geboten hätte. In der Schilderung des Reichs-Staatsrechtes dominiert das Bekenntnis zur Reichsidee, doch eher mit deutschen als mit i

übernationalen Akzenten. Die Ver- i fasser stellen die Frage: „Welche Grundanschauungen sind Joseph II. 1

in seiner Jugend über Recht und i

Staat vermittelt worden?“, und Jas- .

sen dann Beck über das Reich' zu ;

Wort kommen: der Vortrag sagt, daß 1

die fast unzähligen Mängel und Gebrechen dem Reiche eine ganz verkehrte Gestalt geben, daß die mächtigeren Stände die schwächerer unterdrücken, gerne vom Reich abrücken, woraus mit der Zeit ein« völlige Anarchie entstehen und da; Reich bei so vielen auswärtiger Feinden durch sich selbst zerfaller müsse. Ist nun der kronprinzlich« Schüler dieser Beiehrung nachgekommen? Joseph II. vertrat Staats einheit und Zentralismus, mit solcher Einstellung hättt- er die Reichsverfassung nie reformieren können, die auf extremem Gegenteil aufgebaut war. Ein ernstes Hindernis stellte Preußen dar, das gegen jede Reichsreform auftrat, und derart scheiterten auch Josephs II. Bemühungen um eine Annäherung an Preußen. In diesem konkreten Fall mußte somit der Unterricht erfolglos bleiben, im allgemeinen führte er aber zu einer fühlbaren Förderung des aufgeklärten Absolutismus am Wiener Hof.

Es spricht für die europäische Bedeutung der österreichisch-habs-burgischen Geschichte, daß nach der lombardo-venezianischen Aktenveröffentlichung und der neuen Prinz-Eugen-Biographie die reichen Quellen des Österreichischen Staatsarchivs und der österreichischen Nationalbibliothek abermals von ausländischen Historikern ausgewertet wurden. Zusammen mit den österreichischen Publikationen über den Josephinismus und Leopold II. bereichert „Recht und Verfassung des Reiches in der Zeit Maria Theresias“ die Personengeschichte der Habsburger von Joseph II. bis Franz II. Besonders hingewiesen sei noch auf den wissenschaftlichen Apparat mit 260 Seiten, im einzelnen auf die Anführung der von Beck benützten sehr umfangreichen Literatur. Oskar Regele

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