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Schmerz wird erlösende Gnade

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Mit versiegelter Order. Gedichte. Von Georg Drozdowski. österreichische Verlagsanstalt Wien. 76 Seiten. Preis 25 S.

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Mit versiegelter Order. Gedichte. Von Georg Drozdowski. österreichische Verlagsanstalt Wien. 76 Seiten. Preis 25 S.

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Ein Kulturträger und Repräsentant jener österreichischen Denkungsart und Geisteshaltung, die seit Jahrhunderten Bedeutendes zur Völkerverständigung beigetragen hat, ist der aus der Bukowina stammende Lyriker Georg Drozdowski. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde ihm Kärnten zur neuen Heimat. Nach den Irrfahrten unseliger Jahre konnte er nun endlich seiner Berufung, der Dichtkunst und dem Theater, leben. In Klagenfurt schuf er die „Kärntner Elegie“, eine Dichtung von ergreifender Ausdruckskraft, sowie andere aus leidvollem Erleben geborene Gedichte, die in einem Sammelband unter dem Titel „Der Steinmetzgarten“ erschienen. Für diese wertvolle Gabe wurde Drozdowski, der im ganzen deutschen Sprachraum als einer der markantesten österreichischen Dichter gilt und sich auch durch seine hervorragenden Übertragungen rumänischer Lyrik hervorgetan hat, der Nikolaus-Lenau-Preis des Bundesministeriums für Unterricht verliehen.

Nun schenkt uns Drozdowski nach einer Reihe weiterer Werke den Lyrikband „Mit versiegelter Order“, eine literarische Kostbarkeit; auch diesmal stellt dieser Gedichtzyklus eine Gratwanderung in seelischen und geistigen Bereichen dar. Der Blick bleibt besonnten Gipfeln zugewandt, auch wenn der schmale Pfad den Rand von Abgründen streift, in denen ‘ Dämonen hausen. Aber der Rhythmus dieser Wanderung ist noch beschwingter, noch freier und zuversichtlicher, die dichterische Aussage noch tiefgründiger, noch inniger geworden. Der Dichter erweist sich als Meister freier Rhyth men, und gerade diese Form des Gedichts erfordert mehr Können als jede andere. Schalkhaftigkeit, reiche Lebenserfahrung, das Wissen um das Gegeneinander- und Ineinanderspielen von Gut und Böse vereinen sich zu Liedern, die zu Herzen gehen und den Weg zu Gott, dem Urgrund aller Dinge, weisen. Aus der Fülle des Gebotenen seien nur einige wenige Verse herausgegriffen, so etwa „Die Soldaten“ und „Die Würfel“, kritische Zeitglossen in kultivierter Lyrik, ferner „Hieroglyphen“ und „Traufenkantate“, Gedichte, die realistische Betrachtungen durch erdentrückte Märchenstimmung zu echter Poesie verklären, und „Die Gnade“, eine Dichtung, die ausgereiftes Schicksal in Worte faßt: „Du aber brachst einen Dorn blutig aus deiner Krone und stachst in mein Herz. — Ich erkannte, daß Schmerz Gnade ist.“

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