Wer jetzt kein Haus hat...

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Mir hat geträumt, daß - ja, und dann bin ich schmunzelnd und wach im Bett gelegen. Mir hat geträumt, daß der Dichter R. M. R. vor dem nagelübersäten Holztrumm am Stock-im-Eisen-Platz gestanden ist und an die an ihm vorübergehenden Politiker Zettel verteilt hat. Zettel mit dem Herbstgedicht Nummer 1. Der Klima hat gefletscht, der Schüssel säuerlich gelacht, der Van der Bellen überlegen geschmunzelt und der "Danke-Jörg"-Haider wie immer triumphierend gegrinst. Heide Schmidt und der Baumeister zogen müden Schritts vorbei und verweigerten wie ein Pferd vor dem Hindernis.

Was steht denn in diesem Gedicht des Liebenden von Duino drinnen? Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr (also das geht ja noch, aber dann, dann blitzt und donnert's wie eine Prophezeiung). Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben. Wer will schon allein sein, wer will schon nicht auf dem Stockerl stehen? Bei uns wohl kaum wer. Anders zum Beispiel in England, wo der Rumorklub ihrer Majestät Opposition heißt.

Noch immer lächelnd bin ich in seniler Bettflucht aufgestanden, ins Badezimmer geschlurft und hab' dort in den Spiegel geschaut. Schauern und Erschrecken war eins. Da blickt mir ein ernstes, sorgenvolles Gesicht entgegen, ein Gesicht, das sich Gedanken macht um Österreich und seine Zukunft.

Waldheim-Zeit, Europaparlament, FP-Sichrovsky und CNN. Naziland, Vergangenheitsverdrängung, in der Pfeifen rauchen, SS-Kameraden, jüdischer Weltkongreß, Ostküste und "ich habe nie" ... (Bosse meucheln auch selten, sie lassen's eher andere tun.)

Alle Theorien, alle Hoffnungen verlieren Sinn und Kraft, die Welle ist zu stark, um überschwommen werden zu können. Ich werde in den nächsten Tagen in Hamburg sein und auch dort mein Land verteidigen. Kein Nazi-Land, aber, no ja, irgendwie. Ich vertrete eine offizielle Meinung, aber nur mit 76 bis 77 Prozent Überzeugung. So arg wie man sagt, ist es ja wirklich nicht, aber so harmlos, wie man mir einreden will, schon gar nicht. Ich weiß das, ich war nämlich wie Tirols Wendelin Weingartner am Stephansplatz. Damals, 1938, und heuer, 1999, so knapp vor dem 3. Oktober. Wie gesagt, wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

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