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Agramer Denkmalsturz

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Im Zentrum der kroatischen Hauptstadt, wo das südlich pulsierende Leben zusammenfließt, stand seit 80 Jahren auf einem fünf Meter hohen Sockel das von Fernkorn geschaffene Standbild des Banus General Jellacic. Es war das Wahrzeichen dieser Stadt geworden. Seitdem unter dem jetzigen Regime aus seinem Standort, dem „Jellacic-Platz',' der „Platz der Republik“ wurde und ein Verschlag das Monument verdeckte, um gelegentlich zum Aufbau besonderer Embleme oder symbolischer Figuren anläßlich der zahlreichen „Meetings“ zu dienen, begann man in Agram an das anfänglich unglaublich Erscheinende zu glauben, daß die Beseitigung des Denkmals und die Vernichtung des daran geknüpften nationalen Kultus geplant sei. Worum es hier geht, darüber lehrte jüngst ein Leitartikel einer Agramer Zeitung von Herrn Vladimir Babic, Professor der Pädagogischen Hochschule.

Nach Meinung dieser kommunistischen Stimme handelt es sich im Zusammenhang mit den politischen Ereignissen von 1848 um folgende Fragen: Waren die südslawischen Volksmassen innerhalb der Monarchie zu jener Zeit „revolutionär“ oder „reaktionär“ veranlagt und hat Jellacic im Kriege gegen die rebellischen Ungarn Kroatien und seihe Interessen oder Österreich und die Habsburgerdynastie verteidigt? (Bekanntlich trug damals, 1848, die ganze Monarchie noch den Namen Österreich.) Professor Babic kommt zum Schluß, daß man die erste Frage, trotzdem das Material „ungenügend erforscht“ sei, dahingehend beantworten könne, daß wohl nur vom revolutionären Geiste gesprochen werden könne- Auch die zweite Frage beantwortet der Verfasser für Jellacic entschieden verneinend und führt dafür als Beweis die nachfolgenden Sätze aus der historischen Proklamation an, die Jellacic bei Kriegsausbruch erließ:

„Wir wollen ein einiges, mäditiges und freies Österreich . .. Wir sind bereit, Vermögen und Leben für das Recht unseres Kaisers und Königs Ferdinand zu opfern!“

Daraus sei also zu folgern:

„Wie eine Krankheit hat sich Österreich in jede Faser und jeden Gedanken dieses Lakeien eingenistet und dadurch auch jeden Rest einer freien Meinungsäußerung vernichtet. Durch den dichten Nebel der österrei'chi-schen Atmosphäre und ständischer Vor. urteile konnte dieser famose kroatische Banus in Gerneraisuniform keine Einsicht in die Verhältnisse in Kroatien und in der Welt gewinnen.“

In diesem Zusammenhang spart der Verfasser nicht mit Vorwürfen gegen beinahe alle Vorkämpfer efer damaligen großkroatischen „Illyrischen Bewegung“, Gaj, Sulek, Trnski, und kommt punktuell zu dem Schluß: „Jetzt, nachdem aus Agram die blutigen Schergen der Besetzung vertrieben sind und auch der schmutzige Advokat

M a i e k verschwunden, steht einzig und allein noch inmitten der Stadt der österreichische General Jellacic, und es wäre wohl Zeit, daß er apch auf ewig verschwinden möge!“

Eine private Meldung besagt, daß die Entfernung des Jellacic-Denkmals, dieser Erinnerung an einen gefeierten Nationalheros des kroatischen Volkes, nun bereits geschehen ist und die Abtragung des Agramer Denkmals für Petar Preradovic, Kroatiens größter Dichter, nachfolgen soll, weil Preradovic, der bekanntlich Offizier war, in österreichischer Uniform dargestellt ist

Es ist natürlich billig, kostet weder viel Geld und noch weniger Verstand, Denkmäler umzustürzen. Zu Zeitr.n der schlimmsten Erlebnisse einer Nation ist das Denk-mälerzerstören immer große Mode gewesen. Aber nicht so leicht wird es gelingen, das Andenken an die mit den Namen Jellacic und Preradovic verbundene große Epoche der staatlichen Geltung, Literatur und Kunst Kroatiens auszutilgen. Der Glanz dieser Zeit und ihrer Besten wird noch leuchten, wenn von dem Professor Babic und Genossen im besten Falle noch eine dunkle Erinnerung an ein Schildbürgerstück erzählen wird. .

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