6533790-1946_05_09.jpg
Digital In Arbeit

Die Kosten des zweiten Weltkrieges

Werbung
Werbung
Werbung

Hand in Hand mit der totalen Kriegsführung ist in den letzten sechs Jahren auch eine totale Kriegsfinanzierung gegangen, das heißt, es wurden Steuerkraft und Spartätigkeit des Volkes bis zum letzten ausgewertet. Diese Feststellung gilt zunächst für Deutschland. Sie hat aber im Laufe der Jahre auch für die Alliierten erheblich Geltung erlangt. Während des ersten Weltkrieges hatte man sich nur in England zu dem Grundsatz bekannt, daß eine möglichst hohe Quote des finanziellen Kriegsaufwandes durch Steuern hereingebracht werden soll. Bei den Zentralmächten galt das Gegenteil dieser Regel, das heißt, die Steuern wurden nur langsam erhöht, um vor allem den Zinsendienst der rasch wachsenden Staatsschuld zu decken. Im übrigen bediente man sich bei der Kriegsfinanzierung nahezu ausschließlich der Anleihen.

Im zweiten Weltkrieg hat man auch In Berlin von Anfang an das britische Prinzip der Kriegsfinanzierung zur Anwendung gebracht, und zwar auf der Basis 50 : 50, das heißt, es sollte die eine Hälfte der Kriegskosten durch Steuern und die andere durch Anleihen hereingebracht werden. In den USA. hat man dagegen sich nur sehr langsam zu einem ähnlichen Verhalten entschlossen, und selbst gegen Ende des Krieges blieb der auf die Steuern entfallende Prozentsatz weit hinter dem Anteil, der den Anleihen zukam, zurück. Trotzdem bestand zwischen der Kriegsfinanzierung im Reiche und jener bei den Angelsachsen ein wesentlicher Unterschied, der durch die Methode der Anleihebegebung bedingt war. In Berlin ?alt das System der „lautlosen Kriegsfinanzierung“, das heißt, kraft der Omni-potenz des Staates wurden die von der

Finanzverwaltung ausgegebenen Anleihepapiere den Banken, Sparkassen, Versicherungen sowie den Instituten der sozialen Fürsorge kurzerhand aufgezwungen. Aufrufe zur Kriegsanleihezeichhung, wie man sie im ersteh Weltkrieg gewohnt war, waren überflüssig. Denn man diktierte. In England und in den USA. appellierte man hingegen an die freie Mithilfe der Bevölkerung bei der Kriegsfinanzierung.

Was haben nun die am zweiten Weltkrieg beteiligten Großmächte während der letzten Jahre an Geld für militärische Zwecke ausgegeben? Eine bis ins letzte Detail zutreffende Antwort darauf fällt einigermaßen schwer, da die Methode der Kostenverrechnung nicht überall die gleiche war und da überdies für die letzten Wochen des Krieges verläßliche Angaben nur noch zum Teil vorliegen. Auf alle Fälle ergeben sich per Saldo ganz phantastische Ziffern, an denen sich nicht zuletzt auch die ganze Sinnlosigkeit des Krieges ablesen läßt. An der Spitze der Großmächte marschieren dabei, wie aus den Angaben des „Statistischen Jahrbuches des Völkerbundes“ zu ersehen ist, in puncto Kriegsaufwand ganz entschieden die Vereinigten Staaten. Die einschlägigen Ziffern lauten wie folgt:

Kriegsausgaben der USA.

1940/41 6.301 Millionen Dollar

1941/42 26.011

1942/43 72.109

1943/44 87.039

1944/45 88.000

1945/46 69.400

Gesamtbetrag 348.860 Millionen Dollar

Für England bringt das Jahrbuch die

nachstehenden Ziffern:

Englischer Kriegsaufwand 1939/40 1.141 Mill. Pfund Sterling

1940/41 3.220 „

1941/42 4.085 „

1942/43 4.840 „

1943/44 4.950 „

1944/45 5.125 „

1945/46 4.500 „

Gesamtbetrag 27.861 Mill. Pfund Sterling Hinsichtlich des Kriegsaufwandes der Russen werden folgende Angaben gemacht, wobei genau so wie vorhin bei den USA. auch die unmittelbar vor Kriegsbeginn aufgelaufenen Kosten für Rüstungszwecke mit berücksichtigt sind.

Kriegsausgaben der Sowjetunion

1940 56.000 Millionen Rubel

1941 70.900

1942 101.400 „ ' „

1943 124.700

1944 137.000

1945 137.900 Gesamtbetrag 627.900 Millionen Rubel

Auf der Seite der Achsenmächte steht Deutschland mit seinen Kriegsausgaben weitaus an erster Stelle. Das vorliegende Ziffernmaterial läßt allerdings an Ausführlichkeit manches zu wünschen übrig, da nur für die Einnahmen in der Zeit von 1939 bis 1944 genaue Angaben vorhanden sind. Da aber in den einschlägigen Beträgen auch jeweils die Eingänge aus den Anleihen sowie aus den Kontributionen der okkupierten Länder enthalten sind, dürften die Einnahmenziffern mit den effektiven Kriegskosten übereinstimmen.

Die Kriegskosten Deutschlands 1939/40 44.800 Millionen Reichsmark 1940/41 * 75.000 1941/42 102.000 1942/43 124.000 1943/44 150.000 _

Gesamtbetrag 495.800 Millionen Reichsmark

Beachtung verdient in dem Zusammenhang der relativ hohe Prozentsatz, der im Rahmen der deutschen Staatseinnahmen auf die der unterworfenen Kontributionen entfällt. Danach haben in der Zeit von 1940 bis 1944 die okkupierten Länder, das sind: Frankreich, Belgien, Holland usw. insgesamt 8 9,8 Milliarden Reichsmark zur Finanzierung eines Krieges beisteuern müssen, dermitihren eigenen Interessen im Widerspruch stand.

Bei Italien liegen im Gegensatz zu Deutschland genaue Angaben über den in der Zeit von 1939/40 bis 1944745 angelaufenen Kriegsaufwand vor.

Italienische Kriegskosten

1939/40 27.700 Millionen Lire

1940/41 58.800

1941/42 71.300

1942/43 81.000

1943/44 100.000

1944/45 327.000

Gesamtbetrag 665.800 Millionen Lire

Das Jahr 1944/45 stand in Italien, wie aus dem ungeheuerlichen Anschwellen der Ausgaben zu ersehen ist, bereits ganz im Zeichen einer weitgehenden Geldentwertung. Ergänzend wird hiezu im „Jahrbuch ds Völkerbundes“ mitgeteilt, daß die Staatsausgaben der „Neofaschistischen Republik“ in der Zeit vom 10. September 1943 bis April 1944 den Betrag von 170 Milliarden erreichten und daß im gleichen Zeitraum an Deutschland 18 9 Milliarden Lire bezahlt werden mußten.

Die hinsichtlich des Kriegsaufwandes der Japaner vorliegenden Angaben gelten für die Zeit von 1937 bis zum Monat März 1944. Wenn andererseits bei der Aufstellung auch bereits das Jahr 1937 und die unmittelbar darauffolgende Zeit mit einkalkuliert sind, obgleich Japan erst wesentlich später in den Weltkrieg eintrat, so hängt dies damit zusammen, daß Japan die Kriegshandlungen und damit der finanzielle Kriegsaufwand bereits 1937 mit der Invasion in China begonnen haben. Nach den nun vorliegenden offiziellen Angaben hat Japan in der Zeit von 1937 bis März 1944 insgesamt 112,1 Milliarden Yen ausgegeben, wovon 88,1 Milliarden durch Anleihen gedeckt wurden. Einen nicht unerheblichen Prozentsatz seiner Kriegskosten brachte Japan dadurch herein, daß es sowohl in China als vor allem in Indonesien viele Milliarden in Form von neuen Banknoten in Zirkulation brachte.

Es läge nun nahe, eine vergleichsweise Gesamtaufstellung des finanziellen Aufwandes der im zweiten Weltkrieg beteiligten Großmächte zu machen. Ein vollkommen zutreffender Globalwert läßt sich jedoch kaum errechnen, und zwar im Hinblick auf die bei den meisten Währungen im Verlauf der Kriegsjahre eingetretene Entwertung. Diese Entwertung hielt sich wohl, wenn man von Italien absieht, rn allgemeinen während des Krieges in ziemlich engen Grenzen, soweit die Devalvation in der Entwicklung der Preise in Erscheinung trat. Auch in Italien hat die Währungsentwertung erst mit der Etablierung der neofaschistischen Republik mit aller Macht eingesetzt. Die für die Zeit seit Frühjahr 1943 vorliegenden Ziffern lassen'sich daher weder mit den Angaben für die vorhergegangenen Jahre noch mit den analogen Ziffern der übrigen am Krieg beteiligten Großmächte vergleichen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung