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Osterreicher in den alliierten Armeen

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Als 1938 Österreichs sechsjährigem Widerstand durch den Einmarsch der Wehrmacht und die Ohnmacht des Völkerbundes ein offizielles Ende bereitet wurde, begann für Tausende der schwere Weg ins KZ oder in das Ausland. Denjenigen, denen es gelang in die freie Welt durchzukommen — der Weg war oftnjals leichter und sicherer ohne die Genehmigung der Gestapo —, war alsbald wieder die Gelegenheit geboten, sidi für die Befreiung der Heimat einzusetzen. Die Organisationen der Flüchtlinge, die zur Bewältigung der gemeinsamen Not aufgebaut wurden, stiegen bald über die Sorgen des Alltags hinaus und wurden Stützpunkte österreichischen Denkens im Ausland. Den Flüchtlingen, die anfänglich als etwas Unfaßliches, nicht in den Rahmen des beschaulichen Lebens Passendes, in den Nachbarstaaten Österreichs und in Ubersee auftauchten, gelang es bald, die Bevölkerung ihres Gastlandes davon zu überzeugen, welch große Gefahr das neue Deutschland bedeutet. Die Regierungen dagegen schliefen ruhig weiter. Dann kam das Ende der Tschechoslowakei, Massendemonstrationen und Ausbrüche ohnmächtiger Wut waren ih allen Ländern der freien Welt für Wochen hindurch an der Tagesordnung. Jedoch die Regierungen schliefen nodi immer weiter, bis dann endlich mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen ein sehr bedingter und zurückhaltender Krieg an Deutschland erklärt wurde, der erst mit dem Zusammenbruch Frankreichs voller Ernst werden sollte. Für uns österreichische Flüchtlinge war nun die lange erwartete Stunde gekommen, wieder in den aktiven Kampf einzutreten. In England und Frankreich wurden Pionierbataillone für Freiwillige aus Österreich und Deutschland aufgestellt sowie freie Armeen der nach 1939 überrannten Länder. Die Pioniere in “England wurden alsbald nach Frankreich verschifft, wo sich später die „87 Coy AMPC“ beim Rückzug nach England durch ihre Haltung besonders auszeichnete und in den offiziellen Berichten des Britischen Unterhauses (Hansard) seitenlang auf das Rühmlichste hervorgehoben wurde. Diese Abteilung von 2 5 0 Mann bestand zu 40 Prozent aus Österreichern. Wohlbekannte Namen in Österreich fand man in ihr, wie den des jungen Tiroler Studenten R e i 11 i n g e r, der mir besonders gut in Erinnerung geblieben ist, nicht nur darum, weil wir später Fallschirmjäger und Offiziere wurden, sondern vielmehr, da er als Unteroffizier es fertig brachte, wienerisch gemütlich im Pyjama am Appellplatz zu erscheinen, weil er wie gewöhnlich nicht rechtzeitig mit dem Rasieren fertig geworden war.

Vor der Rückkehr aus Frankreich waren inzwischen in Großbritannien neue Bataillone aufgestellt worden, und zur Zeit des „Battie of Britain“ standen Hunderte von Österreichern im aktiven Einsatz. Leider gelang es nur einem Bruchteil der in der französischen Armee dienenden Österreicher, mit uns nach England zu entkommen; zurück blieb, auch Fürst Starhemberg, damals ,Oberleutnant in einem französischen Flieger regiment, der seiner politischen Vergangenheit halber erst nach Afrika versetzt wurde und, als ihn die Weltpresse dort wiederfand, aus der Armee ausschied.

Langsam fing die Welt nun an, Deutschland den Krieg zu erklären und mit jeder Kriegserklärung wurde es Hunderten von Österreichern möglich, sich den Reihen der alliierten Armeen anzuschließen. Durch das Unterlassen, eine freie österreichische Regierung zu bilden, geschah es leider, daß diese Soldaten nicht in dem einheitlichen Rahmen einer freien österreichischen Armee zusammengeschlossen werden konnten, ein um so mehr bedauerliches Versäumnis, als dadurch Österreich heute bei internationalen Konferenzen stark benachteiligt ist. Obwohl in den letzten Kriegsjahren Österreicher in allen Waffengattungen der alliierten Armeen dienten und auf allen Kriegsschauplätzen im Einsatz standen, ist es dem Fehlen der rot-weißroten Fahne im alliierten Lager zuzuschreiben, daß man heute in Konferenzen irrtümlich fragt: „Wo blieb Österreich?“. Es ist daher von äußerster Bedeutung mit Mithilfe der alliierten Kriegsministerien die Beteiligung von Österreichern in den verschiedenen Armeen listenmäßig zu erfassen und diese Nachweise dem offiziellen Bericht der österreichischen Widerstandsbewegung anzuschließen. Es wäre ein schwerer Fehler, die österreichischen Freiwilligen in den alliierten Armeen zu vergessen. Sie haben kämpferisch den verlangten Beitrag zur Befreiung ihrer Heimat liefern helfen.

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