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Österreich ist nicht Spendenweltmeister, aber vorne dabei, wenn es um rasche Hilfe geht. Welche Katastrophe die Menschen rührt, bestimmen die Medien.

Nein, zu den Spendenweltmeistern gehören die Österreicher nicht. Auch wenn diese irrige Selbsteinschätzung noch so oft in den Medien breitgetreten wird. Eine Wahrheit, die in der Hochkonjunktur der Spendenfreudigkeit - im Advent und den weihnachtlichen Nachwehen bis in den Jänner hinein - für manche nicht einfach zu akzeptieren ist. Wenngleich internationale Vergleiche immer hinken, da sie die kulturell unterschiedlichen Herangehensweisen an das Spendenwesen sowie die Möglichkeit der steuerlichen Absetzbarkeit nicht miteinbeziehen, so sprechen die Zahlen doch eine deutliche Sprache: Laut einer Untersuchung der Interessensvertretung österreichischer gemeinnütziger Vereine lag in den Jahren 2003/2004 das österreichische Pro-Kopf-Spendenvolumen bei 37 Euro. Die USA führen die Rangliste mit 676 Euro an. Auch im europäischen Vergleich sieht es in der Alpenrepublik mager aus: Deutschland 61 Euro, Schweiz 71 Euro und die Niederlande 79 Euro. Der trügerische Eindruck, dass hierzulande sehr großzügig für karitative Zwecke in die Geldtasche gegriffen wird, rührt laut Experten daher, dass die Spender in Österreich vor allem rasch helfen.

Rolle der Medien

Eine in den Medien gut präsentierte Katastrophe - hier spielt vor allem die Zeit im Bild eine Rolle - hat gute Chancen, viele Spendengelder zu bekommen. Vor allem rühren die heimischen Spender Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind. Die Tsunami-Katastrophe in Asien war so ein Beispiel, bei dem alle wichtigen Faktoren für das Gelingen einer Spendenaktion zusammentrafen: Eine breite und über Wochen dauernde mediale Präsenz - und dies nicht nur vor dem Hauptabendprogramm -, die Not, welche die Bedürftigen unverschuldet traf und die zusätzliche Betroffenheit vieler Spender, die jene ferne Gegend aus einem Urlaub kannten. Die Aktion "Nachbar in Not" konnte rund 34 Millionen Euro für die in Not geratene Bevölkerung in Asien auftreiben. Die ebenfalls von Wasser bedrohte Bevölkerung in Osteuropa (in diesem Fall Hochwasser) lockte den Spendern "nur" 600.000 Euro aus dem Geldbörsel. Und das, obwohl sich Hunger, Kälte und Obdachlosigkeit für Menschen in Europa und Asien gleich anfühlen.

Die mediale Präsenz einiger weniger Aktionen, die auch vom ORF getragen werden wie "Nachbar in Not" oder "Licht ins Dunkel", lassen den Spendenmarkt für andere Hilfsorganisationen schrumpfen: "Es wird eng am Markt", sagt Andreas Plöckinger von "Ärzte ohne Grenzen". Er ist "Fundraiser" und somit für die Aufbringung von Spenden zuständig. In seiner täglichen Arbeit merkt er, wie sich der Markt durch die vermehrte Einschaltung der Medien verändert. Medien berichten nicht nur über Katastrophen, sondern basteln ihre eigene Hilfskampagnen rund um eine Katastrophe. Darunter leidet die objektive Berichterstattung, wenn die Berichte aus den betroffenen Gebieten zu einer Leistungsschau der eigenen Hilfsaktionen werden und keine Nachrichten mehr sind. Auch die Berichterstattung über andere Hilfsprojekte oder Katastrophen wird eingeschränkt. Jörg Ruminak, Leiter der ORF-Aktion "Licht ins Dunkel", glaubt nicht ganz, dass gerade jene Organisation, in deren Zentrum helfende Ärzte stehen, ein Problem hat, genügend Geld aufzutreiben, denn schließlich seien die Ärzte jene Berufsgruppe in Österreich, die das meiste Ansehen genießt. Ruminak gibt weiters zu bedenken, dass die helfenden nichtstaatlichen Organisationen keine andere Wahl hätten, als die Medien zur Verbreitung ihrer Botschaften zu benützen.

Tiere vor Randgruppen

Die absolute Nummer eins in punkto Hilfsbedürftigkeit sind für die Österreicher die Kinder. Dies geht aus dem Spendenbericht 2006 des Österreichischen Institutes für Spendenwesen hervor. Auf den weiteren Rängen folgen Katastrophen im Inland, Behinderte sowie ex aequo Tierschutz und Hunger in der Welt. Weit schwieriger ist es, Geld für Randgruppen der Gesellschaft zu sammeln wie: Obdachlose, Alkoholkranke, Langzeitarbeitslose oder Aids-Kranke. Diesen Gruppen fehlt der Umstand, unverschuldet in Not geraten zu sein. Sie seien an ihrem Elend selbst schuld und mögen daher auch selber schauen, wie sie über die Runden kommen, ist die landläufige Meinung. Salopp ausgedrückt ist das populärste Hilfsklischee das aufgrund eines Vulkanausbruches verwaiste Kind im Ausland. Dem gegenüber steht die versteckte Not, die im Vergleich zum Waisenkind unpopulär erscheint und auch schwer zu personalisieren ist: "Wie die unauffällige Nachbarin, die die Heizung schon auf zwölf Grad gedreht hat, um zu sparen", sagt Raimund Badelt, Generalsekretär der Caritas Wien. Diese Frau will nicht ins Fernsehen, wenngleich die Personalisierung der Not hilft, Spendengelder aufzutreiben.

Auch das Spendengütesiegel soll Spender anlocken, indem es für Transparenz und Rechtschaffenheit im Umgang mit Spenden bürgt. Badelt ist skeptisch, ob das "Management by Pickerl" funktioniert, denn auch eine weitere Prüfung der Bücher durch einen Wirtschaftstreuhänder, so wie es das Gütesiegel vorsieht, schützt nicht hundertprozentig vor einem kriminellen Griff in die Geldlade einer helfenden Organisation.

Absetzbarkeit

Derzeit ist es nur Firmen erlaubt monetäre Zuwendungen an karitative Organisationen von der Steuer abzusetzen, wenn dadurch eine Öffentlichkeitswirksamkeit und somit ein Werbeeffekt erreicht wird (=Sponsoring). Privatpersonen die Steuerabsetzbarkeit von Spenden zu ermöglichen, wird seit Jahren von nichtgewinnorientierten Organisationen (NPOs) gefordert. Derzeit liegt ein Gesetzesentwurf im Finanzministerium, der auf Grund der Initiative von Hilfswerk-Präsident Othmar Karas und Minister Karl-Heinz Grasser mit Vertretern von NPOs und weiterer Ministerien verfasst wurde. Der Entwurf sieht eine Absetzbarkeit von Spenden für humanitäre, soziale und ökologische Zwecke sowie Entwicklungszusammenarbeit bis zu zehn Prozent des Jahresgewinnes (Firmen) bzw. des Jahreseinkommens (Private) vor.

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