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Berg-Konzert und M'sa Glagolskaja

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Der Komponist Alban Berg wäre am 9. Februar achtzig Jahre geworden. Zu diesem Anlaß gab es keine Festaufführung des „Wozzeck“ oder des Violinkonzerts, wohl aber hat das Ensemble „die reihe“ sich der Bedeutung des Komponisten erinnert und ein Kammerkonzert im Mozartsaal veranstaltet, und im Rahmen ihrer Möglichkeiten frühe Werke des Komponisten (Vier Stücke für Klarinette und Klavier, op. 5, Sonate für Klavier, op. 1 und Sieben frühe Lieder, 1907) dem „Kammerkonzert für Klavier und Geige mit dreizehn Bläsern* aus dem Jahr 1925 gegenübergestellt. Es war ein spannendes Programm, das Bergs Entwicklung im Formalen und Ausdrucksmäßigen in Etappen aufzeigte. Marie Therese Escribano (Gesang), begleitet von Irvin Gage, Rolf Eichler (Klarinette), Viktor Redtenbacher (Geige) und vor allem Charlotte Zelka (Klavier) sowie der Dirigent des „Kammerkonzertes“, Friedrich Cerha, machten sich um die Wiedergabe verdient, deren Schwierigkeit die Arbeit lohnt, wenn je eine Arbeit lohnenswert ist. Wieweit sie vollendet war, ist allerdings ohne Partitur in der Hand nicht festzustellen. Mea culpa?Franz Krieg Tschechische Sänger unter der Leitung eines Prager Dirigenten waren die Solisten im ersten Konzert des Chorzyklus im Musikverein. Der überaus routinierte, sympathisch-bescheidene Karel Anierl brachte zunächst mit den Symphonikern zwei Sätze aus Smetanas „Mä vlast“: die beliebte „Moldau“ und die weniger bekannte symphonische Dichtung „iärka“, die in freundlichen Farben und beschwingten Rhythmen das blutrünstige Treiben böhmischer Amazonen (nach einer Volkssage) schildert. — Hierauf folgte die Glagolitische Messe von Leoä Janäcek, im gleichen (72.) Lebensjahr wie die berühmte „Sinfonietta“ geschrieben und von der imposanten Schaffenskraft eines Greises zeugend. Ihr schöner Titel beruht auf einem kleinen philologischen Irrtum: Janäcek fand diese populäre Fassung des Ordinariums in einer Kirchenzeitschrift und gab seinem Werk einen Namen, der nur der Schrift, jedoch nicht der Sprache zukommt. Aber sonst ist alles an diesem Werk echt. Gleich die barbarisch-glänzende Einleitung belehrt uns darüber, daß wir es hier keineswegs mit einem kirchenmusikalischen Werk zu tun haben. (Man kann Janäcek bestenfalls als Pantheisten bezeichnen.) Denn in dieser Musik ist weder Demut noch Gebet, sondern eine selbstbewußte Anrufung Gottes zum Zeugen für den eigenen Glauben an das Starke, Gesunde und Unüberwindliche der eigenen Person und Nation. Bezeichnend ist, daß nach dem Ordinarium Missae ein ausgedehntes dramatisches Orgelsolo (Dr. Josef Nebois) folgt, worauf mit Pauken und Trompeten unüberhörbar zu einer weltlichen Feier im Freien übergeleitet wird. Aus kurzen Themen und Bewegungsmotiven entsteht, dank der kraftvoll-eigensinnigen Persönlichkeit des Komponisten, ein monumentaler Bau, dessen Grundrisse und Details von Karel Ancerl mit aller Deutlichkeit und Eindringlichkeit vorgeführt wurden. Speziell für diesen Stil waren die Solisten Libuie Domaninskä, Vera Soukoupovä (in der sehr kleinen Altpartie), Beno Blachut und Eduard Haken besonders geeignet. Intensiv und klangprächtig der Singverein und die Wiener Symphoniker.

Erwähnt sei wenigstens ein gleichfalls im Großen Musikvereinssaal stattgefundenes Brahms-Konzert der Tonkünstler unter Heinz Wallberg mit den Haydn-Variationen, der 3. Symphonie und dem Violinkonzert mit Wolfgang Schneiderhan als gefeiertem Solisten.

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