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IM STREIFLICHT

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AUF einem größeren Rasenfieck vor der Karls-kirche verkündet eine adrette Schrifttaft-1, daß hier das jüngst vom Gemeinderat gebilligte neue Haus der Wiener Städtischen Sammlungen errichtet werde. Nun, man nimmt das Versprechen, daß die Stadt nicht nur neue Sportplätze, sondern auch Kulturbauten errichten wird, gerne entgegen; aber einige Fragen bleiben offen: Erstens nämlich hieß es vor noch gar nicht so langer Zeit: daß das Baugelände vor der Karlskirche unbenutzbar sei, weil der Schwemmsanduntergrund ungemein komplizierte Fundierungsarbeiten nötig mache; und jetzt hat er sich's überlegt und soll ein gewichtiges Museum tragen? Zweitens aber hat die so oft und heiß ' diskutierte Neugestaltung des — städtebaulich gänzlich verpfuschten — Karlsplatzes noch keine irgendwie erkennbaren Lösungsvorschläge gefunden. Und da soll sozusagen mitten in die Debatte ein neuer Großbau hineingestellt werden, der alle bisherigen Gespräche überflüssig macht? Das verstehe, wer will. ..

AUCH die berufseigene Versieht des Jour-nalisten und die dem Kritiker gemäße Skepsis soll uns von der Feststellung nicht zurückhalten, daß das Interesse, ja vielleicht sogar die Freude an der Pflege zeitgenössischer Kunst stets allgemeiner und stärker zu werden scheint und über die doch immer engen Zirkel der Fachleute und wohl auch der Snobs hinaustritt. Daß in Innsbruck ein innerösterreichischer Graphikerwettbewerb, in Linz hingegen eifrig geförderte und mit Elan propagierte ,,Kulturtage“ stattfinden, mag noch als dem „Kulturvolumen“ von Landeshauptstädten entsprechend gewertet werden. Daß aber Kleinstädte, wie St. Veit an der Glan oder Kapfenberg, junge Dichter und Künstler willkommen heißen, daß aus Baden bei Wien uns eine „einladung zur ausstellung .moderne kunst in baden' unter dem ehrenschutz der stadtgemeinde baden — werke der architek-tur —■ bildhauerei — maierei — soweit sie aus dem badener lebenskreis hervorgebracht wurden, und gestaltungsprobleme der gegenwart darstellen —“ und so weiter auf den Tisch gelegt wird — das läßt sich schon nicht mehr aus der Tatsache allein erklären, daß St. Veit, Baden und Kapfenberg von vornherein, ihrer Bevölkerungsdichte und entsprechenden Kulturbudgets halber, kulturelle Mittelpunkte sein müssen. Nein, hinter solchen schon gar nicht mehr vereinzelten Aktionen steckt doch wohl etwas mehr als Zufall oder der Ehrgeiz einzelner Kulturreferenten: an ihnen wird ein kräftiger Wunsch nach der Gegenwart und ein neues Behagen am Neuen sichtbar, die auch den pessimistischen Kulturbeobachter zu optimistischen Gedanken veranlassen könnten.

DER Intendant der Berliner Städtischen Oper, Heinz Tietjen, hat vor Pressevertretern erklärt, die großartigen Auslandsangebote, die seine Sänger erhielten, machten ihn „praktisch vogelfrei“; als ein Beispiel für die Verlockungen des Auslandes nannte der Berliner Intendant die Wiener Oper. — Der Chef der Wiener Staatstheater hingegen hatte kurz vorher in einem Radiointerview mitgeteilt, daß es ihm äußerst schwer falle, die Sänger der Wiener Staatsoper angesichts großzügiger Auslandsangebote bei der Stange zu halten; als Beispiel. für die Verlok-kungen des Auslandes zitierte der Wiener Intendant die Metropolitan Opera in New York. — Der Intendant der Metropolitan Opera hatte allerdings .bereits vorher die amerikanische Oeffentlichkeit auf seine Schwierigkeiten mit den Stars hingewiesen, die aus deren so überaus üppigen Auslandsangeboten — aus Europa — erwüchsen. Als Beispiel für die Verlockungen des Auslands nannte Rudolf Bing die Mailänder Scala. — Vom Intendanten der Mailänder Scala ist uns bisher keine ähnliche Aeußerung bekannt; aber es ist gar nicht so unwahrscheinlich, daß er seinerseits auf einen anderen Intendanten — vielleicht sogar den Berliner? — auch nicht gut zu sprechen ist.

T TTTNDF.RTE von Wienern — oder sind's schon Tausende? — besuchen allsonntäglich die römische Ruinen Carnuntums und haben an den alten und neuen Ausgrabungen ihre Freude, die übrigens durch die gewissenhafte Pflege der alten Denkmäler erhöht und, glücklicher- und ungewohnterweise, durch Eintrittsgelder nicht gemindert wird. Und die noch einmal vermehrt werden könnte, wenn es eine kleine Beschreibung, einen „Baedeker“, im Umfang von zwei Druckseiten etwa, gäbe, der es dem Besucher leichter machte, die weit voneinander entfernten Anlagen zu finden und ihren Zweck zu verstehen. Das heißt — es gibt ja wahrscheinlich sogar eine solche Gebrauchsanweisung, wenigstens sei das zur Ehre der niederösterreichischen Fremdenverkehrswerbung angenommen; aber was hilft's, wenn er an Ort und Stelle nicht zu erhalten ist?

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