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Kulturgerümpel

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Museen nationaler Kulturgeschichte sind, so man diese Zwitterkollektionen überhaupt geschaffen hat, meist immerhin attraktive Sammlungen, in denen kostbare Dokumente, Kunstschätze, historisches Anschauungsmaterial die mehr oder minder glorreichen Epochen der Vergangenheit illustrieren. Ja, es kann diesen Instituten sogar eine bedeutende erzieherische Aufgabe zufallen.

In Österreich ist ein solches Museum erst 1945, also quasi als Dokument der Inauguration neuen Staats- und Nationalbewußtseins, gegründet worden. Nur hat es dann bedauerlicherweise ein seltsames Schattendasein in den seit 1913 fast roh gebliebenen Räumen der Neuen Hofburg geführt. Vor kurzem hat man nun die paar Gegenstände im prachtvollen Stiegenhaus des Säulenhemizyklus neu aufgestellt, wo sie „alle Elemente der österreichischen Kultur und alles, was für die Kulturentwicklung Österreichs charakteristisch und wertvoll ist, mit Originalobjekten, Modellen, Karten, Bildern und Bildstatistiken veranschaulichen“ und repräsentieren sollen.

Aber den erwartungsvollen Besucher packen sehr rasch Langeweile und Arger über so viel aufgeblähte t Banalitäten, die da, ein buntes Sam-

melsurium wahllos zusammengewür- i felter „objets trouvės“, alles andere . denn einen Quer- oder Längsschnitt durch Österreichs Vergangenheit bie- t ten. Aufzuzählen, was hier alles - nicht erwähnt oder nicht zu finden . ist, wäre sinnlos. Zumal man nach . den meisten kleineren und größeren . entscheidenden Ereignissen der öster- t reichischen Geschichte, nach politi- i sehen Entwicklungen, den wichtig- r sten Dokumenten, Erfindungen, r kurz: nach was immer man will, ver- i geblich sucht Dafür finden sich ein . paar Prangermo ll-e, eine Hochzeitskarosse Kaiser Friedrichs III., ein e paar Burgmodelle und Industrie- e Statistiken, alles in kunstvoller s Systemlosigkeit angeordnet, als wäre i es Aufgabe der Besucher, dieses gei- e stigę Labyrinth zu entwirren, i Nun, was sich die Organisatoren und Arrangeure dabei alles nicht gedacht haben, soll hier auch nicht weiter untersucht werden. Und da die Aufstellung doch sicher auch einiges Geld gekostet hat, kann man nur sagen: Schade darum! Bedauerlich ist nur, daß dieses Museum keine gute Visitenkarte für Österreich ist.

Wenn man jedenfalls in Hinkunft all die Fremden, die Wiens berühmte Armerla, die Ausgrabungen aus Ephesus, die Musikinstrumenten- Sammlung, das Völkerkundemuseum besuchen, nicht enttäuschen will, dann kann man den verantwortlichen Stellen nur einen Rat geben: Schleunigst alles wegzuräumen und sich erst einmal zu überlegen, wie ein Museum österreichischer Kultur aussehen soll, welche Objekte dort gezeigt werden müssen.

Wiens berühmte Gobelinsammlung Ist endgültig in den Depots verschwunden. Unzählige Kostbarkeiten aller Sammlungsabteilungen, Gemälde, Plastiken, Kunstgewerbe, müssen in Lagerräumen liegen, damit all der hier gezeigte Kram den prachtvollen Raum ln eine Gerümpelkammer verwandelt Am peinlichsten aber berührt daß die ganze Kollektion den stolzen Namen „Museum österreichischer Kultur" trägt. Das gäbe wohl einen Kabarett- stoff, wenn ein ausländisches Institut mit der Bitte käme, einen repräsentativen Querschnitt durch die Bestände dieser neuesten Wiener Sammlung zeigen zu dürfen, oder wenn ausländische Journalisten sich dieses Museum einmal ansehen...

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