Sinnende - Im Frühjahr 1917 schuf Gabriele Münter einen Zyklus großer Porträts, in denen die Frauenfigur zugleich Trägerin einer Botschaft ist. - © Foto: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Gabriele Münter Stiftung 1957 © Bildrecht, Wien 2023

Säulenheilige der Moderne: Gabriele Münter im Leopold Museum

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Mit ihren leuchtenden Farbflächen und harten Konturen war Gabriele Münter eine wichtige Vertreterin des Blauen Reiters. Das Leopold Museum zeigt eine Retrospektive.

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Mit ihren leuchtenden Farbflächen und harten Konturen war Gabriele Münter eine wichtige Vertreterin des Blauen Reiters. Das Leopold Museum zeigt eine Retrospektive.

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„Ich war in vieler Augen nur eine unnötige Beigabe zu Kandinsky“ – so schrieb es Gabriele Münter selbst einmal in ihrem Tagebuch. Dass sie nicht nur aufgrund ihrer Liaison mit Wassily Kandinsky und als Bewahrerin und Retterin zahlreicher Werke des Blauen Reiters, die sie später stiftete, in die Kunstgeschichte einging, sondern auch als Säulenheilige der deutschen Avantgarde und der internationalen Moderne angesehen werden kann, möchte das Leopold Museum in einer umfassenden Retrospektive zeigen. Mit 130 Werken ist diese die erste große Ausstellung ihres Œuvres in Österreich.

„Sie ist weit mehr als die ­Gefährtin eines einflussreichen Künstlers des 20. Jahrhunderts“, betont Direktor Hans-Peter Wipplinger. Kandinsky sei es aber gewesen, der als Erster ihr Talent erkannte und förderte. Bei einem Sommerkurs lernten sie einander kennen und lieben, mit ihm kam sie auch erstmals nach Murnau am Staffelsee, wo sie ihr Leben lang einen wichtigen Mittelpunkt ihres Daseins haben sollte und wo ihr auch der entscheidende Durchbruch zu Klarheit und Reduktion gelang.

Denn die Ausstellung zeigt mit exemplarischen Arbeiten: Münters erste Schritte tat sie mit feingespachtelten, pastosen, spät­impressionistischen Werken, mit denen sie jedoch nicht zufrieden war. „Sie strebte eine klarere Bildsprache an, die sie in Murnau erstmals erreichte“, so Kurator Ivan Ristić, der die Ausstellung chronologisch entlang ihrer Lebens- und Schaffensstationen gestaltet hat. „Die Farbfelder, die sie ab nun schuf, verliehen ihren Landschaftsbildern Struktur.“ Der Einfluss ­Alexej von Jawlenskys ist hier ebenso erkennbar wie jener der Hinterglasmalerei. Starke Konturen, wie sie auch in Letzterer üblich sind, ziehen sich durch Münters Werk. Auf Linien und Farbfelder kon­zen­trier­te Landschaften, vor allem aus der Umgebung Murnaus, wurden ihr Markenzeichen – und scheinen aufgrund der starken Farbgebung und Kontraste förmlich zu leuchten.

Abstraktion ist seltener – „und war bei ihr niemals Selbstzweck“, wie Ristić betont. „Vielmehr war sie Ausweg und Notlösung, wenn Münter mit dem Naturvorbild nicht mehr weiterkam.“ So sieht man ein Werk von ihr, in dem sie einen Schaukelstuhl auf zwei Kurven reduziert hat, daneben hängt der erste Entwurf, „Nach dem Tee“, in dem man die Figuren genau erkennen kann.

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