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Theorie und musikalische Praxis
Zweierlei traf zusammen: Der Internationale Musikerzieher-Kongreß und die siebenten Musikstudentenfestwochen Oesterreichs. Die einen haben sich in interner Direktorenkonferenz und in öffentlichen Arbeitsgemeinschaften zur Heranbildung des Orchestermusiker- und des Sängernachwuchses mit gemeinsamen lastenden Problemen der Musikerziehung befaßt und anschließend an die Bad-Ausseer-Tage in Salzburg Abstimmung der einzelnen Länder aufeinander in Lehrplänen und Methodik zu erreichen versucht; die anderen haben musiziert, gesungen, dirigiert, theatergespielt, getanzt. Mit ausgezeichnetem Erfolg, auf absolut hohem Niveau, das das Ende der künstlerischen „Nachkriegszeit“ angezeigt hat. Die Ergebnisse des Kongresses freilich sind in ferner Zukunft zu suchen: allzu verzweigt ist auch das musikalische Organisationswesen der einzelnen Staaten, allzu schwierig sind die praktisch möglichen Wege zur Vereinfachung und zur Vertiefung der musikalischen Studien. Die Konsequenzen der Festwochenveranstaltungen liegen jedoch auf der Hand: sie sind im nahen Engagement überdurchschnittlich begabter Musikstudenten, somit in baldiger überdurchschnittlicher Berufserfüllung der musikalischen Jugend zu finden.
Da ragen aus dem Orchesterkollektiv Swarovskys Begabungen heraus, die an dieser Stelle nur anonym als: erster Oboist, erstes Horn, Primaria der Bratschen bezeichnet werden können. Da empfiehlt sich der Akademie-Kammer-c h o r Ferdinand Großmanns, der für die anwesenden Musikerzieher aus 22 Ländern das bedeutendste künstlerische Ereignis der Festwochen war, für seine weltweite Wirkung. Da widmet sich die Schulkantorei der Wiener Akademie unter Gillesberger in vorbildlicher Weise sakralen Aufgaben, da kommt das G r a z e r Collegium musicum Illenbergers und singt die intonationsschwere Missa brevis Anton Heillers mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit. Und
da agiert eine Ausseer Volksliedgruppe Hans Gielges, so daß man über die jahrhundertealte Volksmusik dieses Berglandes ernsthafte Untersuchungen anstellen möchte, weil sie harmonische Kühnheiten zeigt, die in keinem Lehrbuch der Vergangenheit enthalten sind. ~
Im Hinblick auf den Kongreß war diesmal ein Standardprogramm gewählt worden, dessen gute Bewältigung die Ausnahme nicht zur Regel machen soll, Gewohntes Seltenem, Problemloses Problematischem vorzuziehen. Immerhin waren unter den Komponisten von heute neben Heiller, Hindemith und Kodaly auch Johann Nepomuk David und Gottfried von Einem (mit einer geschickt vierteilig zusammengestellten Konzertsuite aus „Dantons Tod“) vertreten.
Der klingenden Musik, der Praxis, gab allerdings auch hier die Theorie, das Notenpapier die rechte Ergänzung. Eine Verlagsausstellung, die später mit dem Kongreß nach Salzburg übersiedelt ist, ermöglichte einen umfassenden Einblick in das Schaffen der Gegenwart, vermittelt von 72 Verlagen Europas und der Ueber-see. Da wanderte beispielsweise die „Abstrakte Oper Nr. 1“ von Boris Blacher (Text: Werner Egk) von Musikerhand Tm Musikerhand. Unter dem Titel „Klingende Ausstellung“ waren auch Schallplatten und Bänder aufgelegt, die mit Kopfhörern abgehört werden konnten. Eine Verlegertagung im Rahmen des Musikerzieher-Kongresses, an der die wichtigsten deutschen Verlage, aber auch Vertreter Skandinavien und der LISA teilnahmen, brachte wertvolle Aufschlüsse über das Verhältnis zwischen Autor und Verlag. (Die Eröffnungsrede des Schriftstellers Frank Thieß zum Thema „Musik — Geheimwissenschaft oder Ereignis“ soll im Herbst in Wien wiederholt werden. Wir behalten uns eine Auseinandersetzung mit den Thesen von Frank Thieß daher für später vor. — Anmerkung der Redaktion.)
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