„Anatomie dieser Neuanfänge“: Susanne Gregors "Wir werden fliegen"
Kann man als Migrant, als Migrantin jemals ankommen und neue Wurzeln schlagen? Das fragt Susanne Gregor in ihrem Roman „Wir werden fliegen“.
Kann man als Migrant, als Migrantin jemals ankommen und neue Wurzeln schlagen? Das fragt Susanne Gregor in ihrem Roman „Wir werden fliegen“.
Die gebürtige Slowakin Susanne Gregor ist als Kind mit ihrer Familie nach Österreich gekommen. Die fremde Sprache hat sie schnell erlernt. In einem Werkstattgespräch erläutert sie, dass für sie Integration und Assimilation von Anfang an kompromisslos und selbstverständlich waren. Damit habe sich ihre „Migrationserfahrung nach innen verlegt … und [sei] unsichtbar geworden“, hat sie in der Zeit erklärt. Das Thema Migration ist daher schon lange zum Herzstück ihres Schreibens geworden.
In ihrem Roman „Wir werden fliegen“ setzt sie in vier Kapiteln die Geschichte eines Geschwisterpaares fort, das unterschiedliche Wege wählt, um sich dem Leben mit all seinen Herausforderungen zu stellen. Man kennt Alan und Misa bereits aus ihrem früheren Roman „Das letzte rote Jahr“. Das heimliche Sich-aus-dem-Staub-Machen Alans am Schluss, seine Flucht nach Hamburg, kann ihm Misa nie verzeihen. Geblieben sind Angst, Enttäuschung und das Bewusstsein, auf sich selbst zurückgeworfen zu sein.
Beulen im scheinbar geradlinigen Leben
Das Motiv des Verschwindens greift Gregor hier als Rahmenklammer auf. Alans Schritt hat die Familiengeschichte mit großen Emotionen unterfüttert und ihn für Misa gewissermaßen auch zu einem Fremden gemacht. Als die Seinen auf legalem Weg nach Österreich kommen, ist er plötzlich wieder da, macht ein Medizinstudium und wird ein karrierebewusster Orthopäde mit konsequent verfolgten Zielen und Plänen. Den Fokus auf Karriere und overachieving führt Gregor der Zeit gegenüber auf die Prägung durch den Kommunismus zurück. Vordergründig schlägt nur Alans „Herkunft Beulen in sein scheinbar so geradliniges Leben“.
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