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Deutsches und italienisches Gastspiel
Das „Staatstheater der Deutschen Demokratischen Republik“, ehedem Max Reinhardts Deutsches Theater in Berlin, gastiert mit einem Schauspiel des Polen Leon Kruczowski, das unter dem Titel „Die Deutschen“ in Warschau, unter dem Titel „Die Sonnenirucks“ in Berlin am selben Tage erstaufgeführt wurde, in der Scala. Das Theater ist also wieder Staatsaktion in der geschlossenen sakralpolitisohen Hemisphäre des Ostens, Staatsaktion, wie hier zuletzt im Bfuock: es hat die Taten Und Leiden seiner Helden und Heiligen in ansprechenden und pnziehenden Bildern darzustellen und zu feiern. So auch hier: charakteristisch aber, wie in dieser Mittelzone, in diesem Zwischenreich zwischen „Ost“ und „West“, sich die Stile, Begriffe, Anschauungen und Methoden mischen.
Auf weite Strecken hin ist dieses Drama des Polen Kruczkowski, das um die Gestalt eines edlen deutschen Professors, kreist, eine psychologisch und dramaturgisch glänzend gebaute humanistische Tragödie. Das Milieu dieser deutschen Professorenfamilie ist von einer beklemmenden, bedrückenden Echtheit, die jeder bestätigen muß, der den hysterischen und brudermörderischen Siegglauben in diesen Familien miterlebt hat. Der heiße Atem einer völlig verstörten wertirren Ghettowelt, die sich bewußt den Parolen des Hassers im Sportpalast verschworen hat, weht uns entgegen — in einer meisterhaften Darstellung, die von großen Namen, wie Paul Bildt und Wolfgang Langhoff, getragen wird. Dann aber dröhnt, unsichtbar, aber laut vernehmlich, der Gong; die Figuren rücken zurecht, stellen sich in neu-alter Marschordnung auf, werden gleichgeschaltet im Sinn des neuen Uhrzeigers. Parole und Propagandawort des Tages zerschlagen den Eigenstand des Menschlichen.
In der „Couiage“: Gastspiel de Teatro dell Universitä di Pa-dova. Das Studio der Paduaner Universität spielt Goldonis „Cameriera Brillante, ein komisches Volksstück des 19. Jahrhunderts (Paolo Ferraris „Medicina di una Ragazza Malata“), eine Pantomime, „Porto di Mare“, von J. Lecoq, eine freie Nachformung eines altjapanischen Dramas, .Le cento notte“, von Gianfranco de Bosio, und einen Garcia Lorca, „Die Liebe des Don Perlimplin und Belisas in seinem Garten“. Bosio, der Gründer und Leiter der Truppe, und Lecoq sind Schüler J. L. Barraults. Von ihm haben sie das Mimische, Tänzerische, das Streben nach einer Wort, Bewegung und Sinngehalt umfangenden symphonischen Darstellung übernommen und weitergebildet zu einer italienischen Aussage von hohem Ernst. Das war es, was in Wien an diesen jungen Italienern, die mit Recht sehr herzlich aufgenommen wurden, zumeist gefiel: die Sauberkeit, die Reinheit ihres Wollens, ihres künstlerischen Strebens.
In der Insel: B. Shaws „Mesalliance“ unter dem Titel „Eltern und Kinder“. Es geschieht nicht viel, es braucht nicht viel zu geschehen. Hier ist eines jener Stücke, die Shaw zum Vortrag seiner satirischen und kritischen Randbemerkungen benützt — Glossen, sehr am Rande des Lebens. Gespräche ersetzen also das Geschehen. Die Insel hat ihre Shaw-Tradition wieder aufgenommen.
Im Volkstheater: eine ausgezeichnet gespielte Reprise des alten Kriminalreißers Mary Dugan“, der vor zwanzig Jahren hier über die Bretter lief, verfilmt wurde und durch, seinen geschickten Ersatz der Menschen durch flink agierende Rollenfiguren von Anfang bis zum Ende das Publikum in Spannung hält.
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