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Eine Amerikanerin namens Katzie…

19451960198020002020

Lieber Bischof. Von Catherine de Hueck. Paulus-Verlag, Recklinghausen. 103 Seiten.

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Lieber Bischof. Von Catherine de Hueck. Paulus-Verlag, Recklinghausen. 103 Seiten.

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Bücher haben ihre Schicksale.. . Dies ist das Fatum, die Malaise dieses Buches: „Von dem Bischof einer amerikanischen Kirchenprovinz erhielt ich folgenden Auftrag: Ich sollte feststellen, wie die amerikanische Jugend — die Arbeiterjugend und die Jugend im Militärdienst — über Gott denkt. Ueber Seine Kirche und die Kirche im allgemeinen, und wie sie sich zum Kommunismus und zur Demokratie stellt. Daher habe ich monatelang als Fabrikarbeiterin und Kellnerin gearbeitet und so bei armseligem Verdienst ein richtiges Hundeleben geführt. Was ich während dieser Zeit durchmachte, erinnerte mich an meine ersten Jahre in Amerika, während deren ich schwer arbeiten mußte, nicht um soziale Strömungen zu studieren, sondern um nicht vor Hunger zugrunde zu gehen. Beide Erfahrungen verschmolzen zu einer, und daraus erwuchs dieses Buch. Die Schreiberin dieser Briefe, Katzie, existiert nicht, man kann sie als erdacht bezeichnen, aber es ist das einzige, was in diesem Buche erdacht ist."

Und dann folgen „10 Briefe" an den Bischof, die mit einer schokierenden Aufrichtigkeit die menschliche Verlorenheit, Lauheit und Gemeinheit, Anfälligkeit für Radikalismen, aber auch den unersättlichen und unausrottbaren Gotthunger junger Leute von heute, Serviermädchen und Soldaten, Schwärmer und Verführer, Christen, Sektierer und Kommunisten ins grellste Tageslicht reißen. Ein Stück amerikanischer Wirklichkeit, ein Stück sozialer Wirklichkeit, das wir mit der Literatur unserer neunziger Jahre und ihrer amerikanischen Nachfolge (Dreiser, Sinclair überwunden wähnten, vielleicht nicht in allem zutreffend und sicherlich einseitig, übertrieben, überschrien, nirgends aber zornig, eher mitleidend, vor allem aber mit wachem Sinn für das unerhört neue Apostolat von heute und morgen, das uns die geistige und materielle Not unserer Mitmenschen immer zusammenschauen und nur so überwinden heißt.

Der Schluß ist realistisch, fast skeptisch, aber nicht von der labilen „Offen-heit" Graham Greenes, die den Getroffenen und Aufgewühlten erst aus allen Sicherheiten und Geborgenheiten reißt, dann aber immer zwischen Himmel und Hölle schweben läßt und entläßt. Er läßt jenen Strahl in die Finsternis fallen, ohne den eine Lektüre dieser Art gefährlich werden kann:

„Ich kann dem, was Sie wissen oder was ich Ihnen erzählt habe, nichts mehr hinzufügen. Ich werde das Kreuz meines Wissens sveiter tragen, in Frieden, da ich es mit Ihnen geteilt habe. Mehr kann ich nicht tun. Beten Sie für mich, auf daß ich meinen Glauben bewahre. Auch ich w'erde für Sie beten. Leben Sie wohl, Bischof. Gott sei unserer armen Seele gnädig."

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