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Fest des Friedens

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Adventliche Gedanken nach dem heißen Herbst.

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Adventliche Gedanken nach dem heißen Herbst.

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Weihnachten steht vor der Tür - das Fest des Friedens will, soll gefeiert werden, aber - die Angst geht um. Die Pest in Indien, Briefbomben in Österreich, Krieg im ehemaligen Jugoslawien: die Welt ist außer Rand und Band. Untergangsgläubige Sektenmitglieder begehen Selbstmord, Kirchenfürsten verteufeln den Liberalismus, Italien wankt wieder in eine Regierungskrise - Deutschland hat gewählt, Österreich mit dem Stimmzettel protestiert. Und in dieser Lage soll man Feste feiern? Ja und drei Mal ja. Schon um der Tradition willen und weil man das Bedürfnis hat. Aber besonders, um den Angstmachern zu zeigen, daß sie einen nicht aus der Bahn werfen können. Wie sagte die Vorturnerin der Nation, Ilse Buck, am 7. Oktober im Radio? Die Beine machen jetzt ein paar besonders tiefe Atemzüge ... Ich denk’ mir, es müssen ja nicht nur die Beine sein. Durchatmen also und klar denken, sich die Festtage nicht von Horrorszenarien zertrümmern lassen. Weihnachten ist das Fest der Geburt, nicht das Fest des Sterbens. Und Neues ist ja auch überall zu entdecken.

22 Prozent haben den Show-man gewählt, obwohl seine, zur Wirtschaftsförderung in Österreich in Hongkong produzierten Videos verpatzt wurden. Fast 23 Prozent haben ihm ihre Stimme gegeben, aber - und das sollte man laut sagen - 77 Prozent haben ihn nicht gewählt. Dabei ist er doch ein kluger, flinker Bursch, der - wäre er anders - ge braucht werden könnte. Er ist gut geschminkt, trägt hübschen Schmuck, ist auch „im Öl“ gut frisiert und hat la Westerln an, der kleine Westler. Immer gelb, immer gelb, no ja, ein rotes Westeri will er net tragen, ein schwarzes ebensowenig und ein weißes - hat er halt nicht. Aber nur keine Panik! Advent, der Hut brennt und am 24. 12. die Kerzen.

Das Jahr 1995 ist Neubeginn und Österreich wird auch das überstehen. Die Nazis, die Russen, alle hamma wieder aussi bracht. Alle! Es braucht nur seine Zeit. Und ein lOOOjähriges Land (Ostarrichi hat mehr Jahrhunderte auf dem Buckel als das „Dritte Reich“ Jahrzehnte) braucht sich nicht zu beeilen. So wollen wir die festlichen Wochen und die heiligen Nächte (und Tage) wie immer in den letzten Jahren in Ruhe und Gelassenheit begehen in dem Wissen, daß unser Land wohl keine Insel der Seligen, aber doch, alles in allem, ein Platz des Friedens und der Liberalität in dieser schon sehr verrückten Welt ist. Wir wissen, daß, wenn alle Gutwilligen zusammenstehen, ein Damm gegen Verhetzung, Umsturzpläne und andere Grauslichkeiten errichtet werden kann, der stärker ist als die anbrandenden Fluten der Intoleranz und des Radikalismus.

Wenn die Regierung schon nicht den immensen Schwung der positiv ausgefallenen EU-Beitritts-Bereitschaft nützen konnte, wieder Zank und Hader untereinander aufkommen ließ, dann könnten und sollten die Weihnachtstage zur Versöhnung und zum Nachdenken genützt werden. Friede den Menschen auf Erden kann nur der verlangen und bekommen, der selbst bereit ist Frieden zu geben und Menschenliebe zu finden. Auch hier möge Österreich ein Vorbild sein in dem Wissen: Weihnachten ist kein Zeitpunkt für Haß und Wut.

Wer kann, soll beten und hoffen. Sein Glaube wird,stärker sein als die Kräfte des Zwistes. Stille Nächte wünsche ich Ihnen und unserem Vaterland. Lasse jeder das Fest das sein, was es seit fast 2000 Jahren sein sollte - ein Fest des Friedens. Wenn dieses Denken sich durchsetzt, dann werden die heiligen Tage echte, friedliche, zukunftsreiche Frohe Weihnachten sein.

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