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Hoffmanns Erzählung

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Ein deutsches Wirtschaftswunder: ein guter Film! „Das schöne Abenteuer“ erzählt von einer englischen Lehrerin, die auf Ferien in Frankreich auf den Spuren ihrer Großeltern wandelt und dabei die „französische Linie“ neu begründet.. . Aber wie das erzählt wird! Kurt Hoffmann, der deutschen Wirtschaft Antiwunderhornist, geistreich, bissig, ist wie verwandelt und bezaubert durch Familien-, Kleinstadt- und Dorfidylle. Alte Witze, Stiche und Sticheleien bekommen einen heimlichen Glanz, die Kamera schwelgt in farbtrunkenen Aquarellen. Lieselotte Pulver und Robert Graf so gut wie nie — kurz alles wohlgeraten. Hingehen! Anschauen!

Zu den Mauern, an die Film-Amerika ständig mit seinen besten Köpfen anrennt, gehört die Todesstrafe. Diesmal ist der Sturmbock Orson Welles. In Hemdärmeln verteidigt er in „Der Zwang zum Bösen“ zwei Muttersöhnchen aus Millionärskreisen, die, wie die Chikagoer Kriminalakten aus dem Jahre 1924 berichten, aus purem Sensationskitzel einen Knaben umbrachten. Orson Welles’ großartig unterspielendes Plädoyer ist sehens- und hörenswert. Der Schweiß rinnt nur dem Drehbuch von der Stirn, denn es spürt die Untauglichkeit des Objektes (für diese beiden Nobelstrolche ist die schlimmste Strafe noch Barmherzigkeit) und stopft die Risse und Brüche der Argumentierung verzweifelt nacheinander mit Elternschuld, Humanität und Religiosität. Es ist heute große Mode geworden, bei Kapitalverbrechen die halbe Welt anzuschuldigen, aber nur um Himmels willen kein Wort über die Verantwortlichkeit, die persönliche Schuld der Täter zu verlieren. Mit der Psychologie knüpfen wir noch die Gehenkten vom Galgen und erdrosseln uns statt dessen selber.

Gibt es Filmnovellen? Nicht viele, und nur ganz wenige gelungene. Die beiden französischen aus jüngster Zeit, „Der scharlachrote Vorhang“, ein obszönes Nachtstück, und „Mina de Vanghel“ (nach Stendhal), ein lyrisches Ehe- brüchlein, gehören nicht dazu. Bemerkenswert in beiden die Kameraführung durch den alten Breslauer Erfinder, Zauberer und „Maler“ Eugen Schüfftan.

Alec Guiness schrieb sich selbst ein Drehbuch: Geschichte eines quasi absoluten Malgenies und Nichtbürgers. Er spielt ihn auch hinreißend. Aber „Des Pudels Kern“ (man kann den Sinn des Titels nur ahnen) ist nur die Rolle; Buch und Regie sind müdes Fruchtfleisch.

Hartnäckig halten wir Georg Tressler immer noch für eine Hoffnung des österreichischen Films; auch nach vielen starken, halbstarken und ganzschwachen Filmen, ja selbst noch nach dem rühmlosen Untergang des deutsch-mexikanischen „Tote n- schiffes“. Wollte oder konnte man nicht kapieren, was der geheimnisumwitterte Autor B. Traven mit der Hauptgestalt meinte? Horst Buchholz spielt sich selber. Das ist viel, für diese vielschichtige, hintergründige Figur aber zuwenig.

F i l m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 43, vom 24. Oktober 1959: II (Für alle zulässig): „Helden der Luft", „Weiße Wildnis" — III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Engel unter Sündern" , „Ein Herz braucht Liebe", „Melodie und Rhythmüs" — IV (Für Erwachsene): „Babette zieht in den Krieg“, „Des Pudels Kern", „Geheimaktion .Schwarze Kapelle'", „Rhapsodie in Blei“ — IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Manche mögen’s heiß“, „Weekend in Paris". — = bemerkenswerte Filme, = empfehlenswerte Filme.

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