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IM STREIFLICHT

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KÜRZLICH wurde ein neues internationales Urheberrecht geschaffen, das jeder geistigen Arbeit einen ziemlich großzügigen, zumeist 25jährigen Rechtsschutz sichert. Die überwiegende Mehrheit aller Nationen ist diesem Abkommen beigetreten oder wird ihm beitreten; vielleicht am bemerkenswertesten aber ist, daß die USA sich geradezu als Förderer, wenn nicht Initiatoren vieler dieser neuen Regelungen erwiesen haben. Ja, die Zeiten ändern und die Kulturkreise verschieben sich — es ist nämlich noch gar nicht so lange her, daß Nordamerika den europäischen Autoren durch unkontrollierte Nachdrucke und wenig Schutzgesetze sehr viel Kummer bereitete. Aber heute? Heute sind eben die USA zu einem Literaturexportland geworden.

ABERMALS ist im Wiener Gemeinderat ausdrücklich auf die Wichtigkeit einer Wiener Untergrundbahn hingewiesen worden, und die Tageszeitungen haben diesem Hinweis lange Kommentare gewidmet. Aber kaum jemand gibt sich Illusionen darüber hin, daß dieses vage Projekt irgendwann einmal realisiert werden könnte: ein einziger Meter Untergrundbahn würde, so hört man, nahezu eine Million Schilling kosten. Und an diesem Punkt hört jede Debatte auf. Sie erscheint übrigens schon müßig, wenn man etwa nach 22 Uhr und Theater- oder Konzertschluß festgestellt hat, daß die Gemeinde Wien sich offenbar nicht einmal einen halbwegs großstädtischen Straßenbahn-Ringverkehr leisten kann ...

WIR wollen, als Ausnahme von der Regel, auf eine Ausstellung hinweisen, die erst in einigen Tagen im Kunstgewerbemuseum eröffnet werden soll: eine Kunstgewerbe-,Hausrat- und Möbelausstellung nämlich. Unter der Patronanz aller nur irgendwie zuständigen Stellen geplant und organisiert, soll sie das Publikum und die Fachkreise nicht nur zur Besichtigung locken, sondern wünscht auch ihre Mitarbeit, ihre Kritik. Fragebogen sollen eine Art Volksentscheid über die Ablehnung von Kitsch und das Verlangen nach gutem und zeitgemäßem Gebrauchsgegenstand bilden helfen. Die mißliche Lage des österreichischen Kunstgewerbes ist bekannt, und man weiß, daß an ihr nicht nur eine gewisse geistige Unbeweglichkeit der Produzenten, sondern auch ein teils nur eingebildetes, teils aber wirkliches Desinteressement des Publikums schuld ist. Die sozialistische „Frau-und- ihre-Wohnung"-Ausstellung hat in diese Unbeweglichkeit, dieses Desinteressement unleugbar einige Breschen geschlagen. Vielleicht werden sie nun im Kunstgewerbemuseum erweitert werden — hoffentlich.

IN Hannover ist zwischen einigen Kunsthistorikern eine heftige Kpntroverse entbrannt, weil ein Museumsmann den Einfall gehabt hat, bedeutende Kunstwerke in Stra- ßenschaufenstem auszustellen. Eine Entweihung und ein Frevel an der Kunst, sagen die einen. Aber die Kunst gehört ins Leben, erwidern die anderen, auch ins Alltagsleben — und nichts ist verloren, wenn Tausende von Passanten zwischen Kram und Gleichgültigkeiten auch einen Blick aufs wirklich Schöne und Große riskieren müssen. — Warum nicht? Warum sollte man das in Wien nicht auch einmal versuchen? Freilich nicht, indem man beispielsweise die entzückt ausgebreiteten Arme eines prächtigen Barockengels zu Kleiderbügeln degradiert, wie das ähnlich im Schaufenster eines Wiener Warenhauses zu sehen ist. Sondern großzügiger und weniger — kommerziell... ’

DER Linzer Stadtrat hat den Bildhauer Walter Ritter beauftragt, eine Porträtbronzeplastik von Alfred Kubin herzustellen. Auch wenn Ritter kein ausgezeichneter Bildhauer und Kubin nicht Ehrenbürger von Linz wäre: es ist kaum zu sagen, um wieviel uns dieser Auftrag lieber ist als etwa ein anderer, demzufolge die Porträts von — Fußballern gemalt werden mußten. Das ist nämlich auch schon dagewesen, wenn auch nicht in der oberösterreichischen Hauptstadt ...

NEIN, der Fiskus vergißt nichts. Wenn er einmal eine neue Geldquelle gefunden hat — sie mag noch so spärlich geflossen sein, ungeheure Katastrophen mögen sie verschüttet und vergessen gemacht haben: eines Tages wird doch der Augenblick kommen, da seine Wünschelrutengänger wieder nach dem kümmerlichen Wässerlein graben werden, auch dann, wenn eine solche Quelle zufällig in den Portierlogen der Staatstheater mündet. Der kurzen Rede langer Sinn: seit einiger Zeit erhalten junge Kunstbegeisterte in Oper und Burgtheater die Autogramme ihrer Bühnen- lieblinge nur dann, wenn ein Einschillingstempel die Rückseite ihres Autogrammkärtchens ziert. Zu beheben beim Portier. Die Schauspieler (lies: „Darstellungsbeamte") und die vierte Galerie hatten längst vergessen, daß das vor undenklichen Zeiten, vor 1938 nämlich, auch schon üblich gewesen war. Der Fiskus hat's, leider, nicht vergessen. Denn er ist zwar phantasielos, aber... siehe oben.

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