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DER HAMMER GOTTES. Detektivgeschichten. Von Gilbert Keith Chesterton. Uebersetzt von Heinrich Fischer. Kösel-Verlag, München 1959. 343 Seiten. Preis 14.80 DM.

Gegen den Rationalismus — den gegenwärtigen, den der vergangenen Zeiten, den künftigen, den immer widerwärtigen — kann man nur beten oder lächeln: ein Engländer vom Format Chestertons kann noch etwas: Kriminalromane schreiben: denn er hat den richtigen Humor, den aus Güte, Ironie, Spottlust und Pietät gemischten. Dazu hat er sich die Gestalt des kleinen, dicklichen Father Brown erfunden: ein Landpfarrerlein, das überall da auftaucht oder dorthin geholt wird, wo die großen Köpfe nicht weiterkommen. Die verwickeltsten Geschichten erzählt Chesterton, spannende und interessante, die sich in den Reihen der bedeutenden Kriminalromanschreiber wohl sehen lassen können. Am Schluß so mancher dieser zwölf Geschichten kratzt man sich verlegen und überlegend hinterm Ohr und sagt das lächelnde

„Ah so...!“

DIE SIEBEN BRIEFE DES DOKTOR WAMBACH.

Geschrieben, herausgegeben und zur abendlichen Lektüre empfohlen von Klaus Nonnenmann. Walter-Verlag, Olten 1959. 150 Seiten. Preis 8.80 sfr.

Ein alter ausgedienter 8 3jähriger Arzt lebt als Witwer, umsorgt, gern, zwischen seinen Zeitvertreiben (der Malerei aus Jux und den meteorologischen Messungen aus alter Gewohnheit) und mit vielen Pfeifen, und wartet so, ohne es zu wissen, auf den Tod. Aber in seiner letzten Lebenswoche kam nochmals die Gnade über ihn: das ganze Leben, das geliebte und das verpaßte, das kommende und das jetzige. Es kam das Kind Ise: ganz in sich gekehrt, ganz Spiel, ganz Egoismus mit Charme: Es kam damit die eigene Jugend, die geliebte Frau, die nicht gekommenen und die nicht gekonnten Möglichkeiten der Vergangenheit. Da wird Dr. Wambach nochmals jung, vergißt seine Gewohnheiten und sich selbst, weil dieses Kind Ise die Puppe Rapunzel verloren hat und Dr Wambach nun eine tröstende Geschichte erfinden muß: eben diese sieben Briefe der auf Reisen gegangenen Puppe Rapunzel an ihre Puppenmutter Ise. Jeden Abend schreibt er einen solchen Brief; immer ungeschickt; immer voller Schicksal, wie sie Erwachsene haben, wovon die Kinder nichts verstehen, aber auch nichts wissen wollen; ganz unpädagogisch. All dies kam als Gnade über . ihn und er antwortete darauf wie ein Verliebter — was wiederum eine Gnade ist. Und so starb Doktor Wambazh.

Klaus Nonnenmann schrieb eine Geschichte, die ein Märchen ist. Wie in den „Märchen für Erwach sene“ geht es ganz real und richtig zu, psychologisch ganz einwandfrei, nur mit der feinen Mischung def Märchen überhaupt: Traum und Wirklichkeit gehen ineinander über und lassen Offenheiten für alles, was nicht ist. Man liest und denkt und freut und durchschaut den Alten und durchschaut das Kind und wünscht sich einen solchen Tod: nicht anders sterben zu müssen als durch Ise-Rapunzel — also durch Gnade.

Danke, Klaus Nonnenmann!

GESCHICHTEN AUS EINER NUSS. Von Georg von der V r i n g. Verlag Langen und Müller, München 1959. 204 Seiten.

Kleine, kurze, gute Geschichten erzählt der Autor. Es geschieht manchmal gar nichts nach außen hin, dann geschieht das Leben, das sich von einem Dichter beschreiben ließ. Manchmal geschieht Symbolisches. Manchmal geschieht ein harmloses, manchmäl ein düsteres Er-eignis (was ja nach Fachleuten bedeutet: Er-Aeugnis!), das mit einer schlichten, reifen Sprache berichtet wird. — An Abenden mit Freunden diese oder jene Seite zu lesen; in gedrückten Stimmungen die eine oder andere Geschichte sich selbst vorzulesen, wird Gutes wirken, Heilendes bringen und — dem Dichter viel dankbares Gedenken.

MEIN SCHIFF, DAS HEISST TAIFUN. Erzählungen. Von Wolfgang Weyrauch. Walter-Verlag, Olten 1959. 179 Seiten.

Ein sonderbares Buch! Man liest es gern, weil es so gut geschrieben ist. Aber man hat vor seiner grausamen Art, unser Leben zu ent-decken, immer ein Grauen — gar nicht wie im Kriminalroman (denn der geht ja irgendwie immer aus!), sondern eher wie vor dem Leben selbst: das wir ebenso lieben wie fliehen. Jede Seite muß man bestätigen, man muß sie „leider“ bestätigen, weil keine Zeile verlogen ist und keine lügt. „So ist es!“, „So sind wir!“ — aber nicht nach journalistischem Tagesbericht, sondern nach Dichtung, die wir lesen, geben wir diese wehen Urteile. Die Erzählungen werden nicht viele Leser finden — das ist sehr schade; aber wer hier besinnend liest, wird erschrecken und aufmerksamer leben.

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