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Leben fUr das Theater

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HUGO THIMIG ERZÄHLT von seinem Leben und dem Theater seiner Zeit. Briefe und Tagebuchnotizen. Ausgewählt und eingeleitet von Franz Hadamowsky. Hermann Böhlaus Nachf. Verlagsbuchhandlung Graz-Wien. 304 Seiten, 16 Tafeln (22 Abbildungen), Preis 118 S. - JOSEF MEINRAD. Von Hans W e i g e 1, Siegfried Melchinger, Günther Rühle. Reihe Theater heute, 2. Erhard-Friedrich-Verlag, Velber bei Hannover, 1962. 36 Seiten Text, 28 Bildseiten und eine Langspielplatte. Preis 11.80 DM. - SPHÄREN UND TAGE. Städte - Spiele - Musik. Von Siegfried Melchinger. Leibnitz-Verlag, Hamburg, 1962. 254 Seiten. Preis 14.80 DM.

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HUGO THIMIG ERZÄHLT von seinem Leben und dem Theater seiner Zeit. Briefe und Tagebuchnotizen. Ausgewählt und eingeleitet von Franz Hadamowsky. Hermann Böhlaus Nachf. Verlagsbuchhandlung Graz-Wien. 304 Seiten, 16 Tafeln (22 Abbildungen), Preis 118 S. - JOSEF MEINRAD. Von Hans W e i g e 1, Siegfried Melchinger, Günther Rühle. Reihe Theater heute, 2. Erhard-Friedrich-Verlag, Velber bei Hannover, 1962. 36 Seiten Text, 28 Bildseiten und eine Langspielplatte. Preis 11.80 DM. - SPHÄREN UND TAGE. Städte - Spiele - Musik. Von Siegfried Melchinger. Leibnitz-Verlag, Hamburg, 1962. 254 Seiten. Preis 14.80 DM.

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Es ist ein unschätzbarer Gewinn für alle Theaterleute, -freunde und -Wissenschaftler, daß die Lebenserinnerungen Hugo Thimigs nun endlich in Buchform vorliegen, und es ist ein doppelter, daß die Herausgabe der vorbildliche Theaterhistoriker und Direktor der Theatersammlung der Nationalbibliothek, Dr. Franz Hadamowsky, betreut hat. Mit sicherem Blick für alles Wesentliche wurde von ihm aus einem Material von vielen tausend Tagebuchnotizen und Briefen ausgewählt, was mehr als ein halbes Jahrhundert bewegteste Burgtheatergeschichte erhellt. Den einzelnen Kapiteln, die dem Schicksalsweg des 1854 in Dresden geborenen Handschuhmachersohnes folgen, stellt Franz Hadamowsky jeweils eine konzentrierte Betrachtung des betreffenden Lebensabschnittes voran; eine Lebenstafel, informative Anmerkungen, ein sorgfältig bearbeitetes Register und bisher unveröffentlichte Photographien ergänzen Hugo Thimigs persönliche Aussage. Nach nur zwei Jahren Schmiere war der Zwanzigjährige an die erste Bühne deutscher Zunge engagiert worden; fast 50 Jahre sollte er ihrem Verband als Schauspieler, später auch als Regisseur angehören, und in der schweren Zeit von 1912 bis 1917 hatte er selbst die Geschicke des Burgtheaters geleitet, ehe er noch ein „Josefstädter“ unter Reinhardt geworden ist.

Der Theaterbesessene notierte seine meist knapp gehaltenen Notizen gerne auf die Rückseite von Probeplänen; sie verraten das sichere kritische Beobachtungsund Urteilsvermögen, die Bescheidenheit, Kollegialität und den Humor eines integren Charakters und feinsinnigen Künstlers, dessen Dasein völlig im Dienst des Ensemblegedankens aufging. Er war leidenschaftlich interessiert an allem, was mit seinem Beruf zusammenhing, und so geben seine Aufzeichnungen nicht nur Zeugnis von seinem Fußfassen im alten Burgtheater, der Enttäuschung aller Schauspieler beim Einzug in das neue Haus, von den Direktionen Dingelstedt und Wilbrandt, Burckhard, Schienther und Berger, sondern auch von berühmten Gastspielen (Booth, Salvini, Co-quelin, Bernhardt, Duse, Guilbert, Sorma, Desprez) und Begegnungen mit den Dichtern Ibsen, Hauptmann, Schönherr, Schnitzler, Hofmannsthal. Seine unmittelbaren Urteile über Stücke und Kollegen, auch solche, denen er zuerst mißtrauisch gegenüberstand, wie etwa Kainz, sind von erstaunlicher Klarsicht. Daß Hugo Thimig sich auch über Mißstände, Hofintrigen und interne Machenschaften empört, liegt in der Lauterkeit seines Naturells und gibt bisher unbekannte, überraschende Einblicke. Privates hat Franz Hadamowsky dezent nur so weit aufgenommen, als es des Künstlers Persönlichkeit als Ganzheit betrifft.

Keine Stelle könnte Hugo Thimigs bis in die letzten Lebensstunden ungebrochenen Idealismus schöner bezeugen als jene, da er, nach 25jähriger schauspielerischer Burgtheatertätigkeit, von der jungen Me-delsky in Schnitzlers Liebelei (Christine) ergriffen sagt: „Es ist eine Glückseligkeit, so etwas zu erleben.“

Der Verlag, der auch die führende deutsche Theaterzeitschrift „Theater heute“ herausgibt, legt in einer neuen Reihe Porträts von Theatermenschen in Wort, Bild und Ton vor. Neben Elsa Wagner und Maria Wimmer erschien nun „losef Meinrad“. Ebenso tief wie persönlich, ebenso bewundernd wie scharf gesehen und erlebt ist Hans Weigels „Versuch über losef Meinrad“, den Träger des Iffland-Ringet und das mustergültige Burgtheater-En-semble-Mitglied. Zwei kürzere Essays der beiden Mitautoren treten ergänzend hinzu. Ein vollständiges Rollenverzeichnis und ein klug zusammengestellter Bildteil geben Zeugnis von der Spannweite des „Wunders Josef Meinrad“; die Schallplatte, auf der er Nestroy, Ibsen und Sophokles spricht, läßt viel von dem Geheimnis seiner Sprechkunst ahnen.

Der betriebsame Theaterwissenschaftler und Publizist Siegfried Melchinger stellt sich mit seinen Reminiszenzen an „Städte, Spiele, Musik“ als Essayist vor; assoziationsfreudig, erinnerungs- und wortselig baut er nach Andre Malraux' Idee an seinem „musee imaginaire“ festlich gehobenen Lebens, beschwört er die spezielle Atmosphäre der internationalen Theaterstädte und Festspielorte, Edinburgh, Berlin, Bayreuth, Salzburg, Avignon, Mailand, Venedig. Die letzten Aufsätze spiegeln des Autors persönliches ästhetisches Verhältnis zur Musik wider. An einer Stelle zitiert er den Mozartforscher Alfred Einstein: „Wir hassen, der Leser wird es gemerkt haben, Bilder und Gleichnisse.“ Gerade das merkt der Leser Melchingers — mit Bedauern — nicht; die Lektüre regt anfangs an und verstimmt fortschreitend durch klischeehafte oder verschmockte Wortspielereien: „Jetzt das g-Moll-Quintett. Oder das Jagdquartett — der zweite Gedanke im Adagio. Oder . . . Wir verstehen uns. The happy few.“

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