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Lichtspielbühne: „Der weg zum Glück

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Die bisherige Kritik des neuen amerikanischen Filmes „Der Weg zum Glück“ anerkennt in diesem einen katholischen Film und eröffnet im Anschluß daran geradezu weltpolitische Perspektiven. Indem sie ihn von der politischen Ebene betrachtet, wandelt sie jedoch nur die herkömmlichen, sterilen Pfade. Ist dieser Film dazu bestimmt, politische Absichten zu zeigen oder nur rein menschliche Probleme oder was steckt wirklich dahinter?

Religiöse Probleme und kirchliche Bilder sind in der Regel nur Kulisse, auf deren Hintergrund Gefühle erweckt werden sollen. Beispiele dieser Art waren etwa die Erstkommunion der Kinder im „Blauen Schleier“, der, von vornherein auf Rührung abgestellt, in diesem Falle nur betonen will, wie sehr die Heldin des Filmes als Erzieherin selbst Mutterstelle vertritt; im „Mord in der Capnorstraße“ huscht eine Musikkapelle der Heilsarmee durch die Slums von New Castle nur um zu zeigen, daß trotzdem böse Leidenschaften in diesem Viertel herrschen können; in den. „Fünf Helden“ ist die erste Beichte des Familienjüngsten nur der Gegensatz zu der sich gleich darauf entfaltenden Balgerei.

So schien man berechtigt, im „Weg zum Glück“ nichts anderes ak eine interessante Aufgabe für den überragenden Star Bing Crosby, dem beliebten amerikanischen Radiosänger, zu sehen. Die Gestalt eines Geistlichen zu verkörpern, ist vielen Schauspielern als reizvolle Aufgabe erschienen. Hollywood hat aber mit sicherem Griff einen bedeutsamen Stoff gewählt, nichts mehr und nichts weniger als das Generationenproblem, übertragen vom Verhältnis des Sohnes zum Vater auf das des jungen Kaplans zum altgewordenen Pfarrer, die N e u e i n s t e 11 u n g der jungen Kirche zu der in Amerika so deutlich sichtbar gewordenen neuen Lebensform der Betriebsamkeit, die ihren äußerlichen Ausdruck im bewußten Lebenskampf und in einer neuen Kultur gefunden hat, die die alte, humanistisch gebildete Welt ein wenig verächtlich abtut.

Der junge Kaplan kommt zu einem Pfarrer, der in einer Lebensarbeit eine Pfarre gegründet und eine eigene, schöne Kirche gebaut hat und am Ende doch nur die alten Klatschbasen unter die treuen Anhänger zählen kann, während der erfolgreiche Geschäftsmann, der pfliditeifrige Beamte und die Buben auf der Straße ihn meiden wie das heiße Eisen. Der Bischof hat den jungen Feuergeist selbst geschickt: Er spielt, singt und komponiert Schlager, liebt Golf und Baseball ähnlich unseren begeisterten Sportlern und Fußballern, verachtet keinen guten Trunk und legt doch nicht soviel Wert auf eine gute Mahlzeit wie einer aus der guten alten Zeit. Der alte Pfarrer stammt noch aus der Alten Welt, aus Irland, der junge Kaplan ist in der Neuen Welt schon groß geworden, ein richtiger Amerikaner, der auch sofort den Konkurrenzkampf in die Pfarre trägt. Es ist symbolisch zu werten, daß die alte Kirche abbrennt und die junge Generation sie wieder aufbauen wird, bescheiden am Anfang, aber mit der ganzen jungen Generation der Pfarre als Mithelfern, den erfolgreichen Geschäftsleuten in der ersten Reihe, haben sie alle ihr Herz entdeckt, sind auch sie auf den Weg zu dem gültigen aufbauwilligen Menschen gekommen, der eine neue Welt schaffen wird. Dies ist letzten Endes keine Frage der Politik, sondern des Glaubens.

Ganz verstehen wird man den Film erst, wenn man sich auch die kleinen menschlichen Züge darinnen vor Augen hält. Der junge Kaplan mag der nunmehr erfolgreichen Sängerin, der Metropolitan-Oper von New York einmal sein Herz geschenkt haben, wenn er ihr aber nun den Schlager vorsingt „Going My Way“, nach dem der Film benannt ist, das Bekenntnis, daß er seinen Weg geht, der Welt Gutes zu tun und die junge Frau ihn nun versteht, wenn der Pfarrer die wiederholte Frage an seinen Kaplan, „Warum haben Sie eigentlich gerade Geistlicher werden müssen?“ sich am Ende selbst beantworten kann und am Erfolg der jungen Generation sehend geworden, ihr recht gibt, dann wird auch die ganze menschliche Größe dieser Wandlung offenbar. Es ist keine sterile, sondern eine lebendige religiöse Gemeinschaft, die infolge ihrer Lebendigkeit alles das in sich aufnimmt, was eine ältere Generation feindlich als schamlos, unbegreiflich abzulehnen für richtig hielt. Es ist keine Umwertung der Werte, wie ein Kritiker schon triumphierend festzustellen vermeint, es ist nur ein Richtigstellen der Dinge, ein auf den richtigen Platz Verweisen. Beachtenswert ist in dieser Hinsicht auch die Szene, in der der Kaplan einem jungen Mädchen zeigt, wie man ein Lied — einen Schlager — zu singen hat, daß daran auch das Herz beteiligt ist.

Der Film ist nun kein Filmkunstwerk geworden, was zweifellos auch nicht die Absicht war. Er unterhält aber trotz seiner Länge durch die vielen lustigen Regieeinfälle, das Publikum geht jedoch mit in dem Gefühl, daß dahinter etwas Ernsthaftes steckt. Und was will man mehr, als zwei Stunden guter Unterhaltung und den Hinweis, daß dieses Christentum lebendiger ist denn je! Und indem dieser Film die — zugegeben amerikanischen — Wege der jungen Kirche zeigt, ist er als außerordentliches Ereignis zu bezeichnen, als Film, der jedermann zu empfehlen ist.

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