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Lieber Kollege Salascltek!

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Dr. Friedrich Funder, der Gründer unserer Zeitung, hatte immer die Ansicht vertreten, daß am Grabe eines Verstorbenen keine Nachrufe zu halten seien. Angesichts der Majestät des Todes, angesichts des Leides der Hinterbliebenen, angesichts der Trauer der Freunde, habe nur die Kirche das Recht, ihre Stimme zu erheben. Denn ihre Gebete allein vermögen einer solchen Stunde gerecht zu werden. — Aus diesem so richtigen Grundsatz heraus wurde auch am Grabe Dr. Funders keine Rede gehalten; diesem Grundsatz blieben wir auch treu, als vor kurzem das, was an Ihnen sterblich gewesen war, der Erde übergeben wurde.

Sie werden, lieber Kollege Salaschek, es nicht als eine Umgehung dieser Ansicht Dr Funders ansehen — die doch auch ganz Ihrem Wesen entsprach —, wenn jetzt hier, nicht durch das gesprochene, sondern durch das geschriebene Wort Ihrer gedacht werden soll. Es ist ja kein Nachruf, der Ihnen gehalten wird, sondern nur ein stilles, stummes Gespräch, das der Unterzeichnete mit Ihnen noch einmal führen möchte, ein Gespräch, bei dem Sie außerdem nur zuhören und nicht sprechen müssen. Und der Inhalt dieses Monologes soll Ihnen nichts anderes sagen, als daß Sie uns ganz schrecklich fehlen. Jeder Tag, den Sie nicht mehr unter uns weilen, vergrößert die Lücke, die Ihr Tod gerissen. Uns — der „Furche“ — fehlen Ihre Freundlichkeit, Ihre ewige Dienstbereitschaft, Ihre nimmermüde Arbeit, Ihr Wissen, Ihr immenser Fleiß, Ihre ÄWieneh ten auch Sie1 irgendtVöTier aus“deu Randgebieten Böhmens, und so Vieles von diesen’’Landschaften spiegelte’ sich-“in Ihrem Wesen wider: die völlige Bedürfnislosigkeit der Menschen aus dem Erzgebirge, die Stille des Elbesandsteingebirges, wo die Winter sehr kalt und die Sommer kühl sind, die Besinnlichkeit des Stifterischen Böhmerwaldes. Vor allem besaßen Sie den schon legendären Fleiß der Menschen aus diesen Gegenden, für die Arbeit ein Essentiale Ihres Lebens ist. Und Sie besaßen den hie Zu löschenden Wissensdurst der Leute von dort. (Ihre Bibliothek, die mehr als 5000 Bände umfaßte, ist ein beredtes Zeugnis dafür.)

Sie fehlen uns sehr, lieber Kollege Salaschek! Vor allem auch Ihre Leidenschaft zum Journalismus. Für Sie war dieser Beruf kein Sprungbrett zu „höheren“ Zielen, kein Ausweichgeleise für verfehlte Hoffnungen. Von dem Augenblick, da Sie als Realschüler Ihre ersten Artikel veröffentlichten (es war in einer Budweiser Zeitung), wußten Sie um das Abenteuer dieses Berufes, der alle Berufe umfaßt und im tiefsten eine Berufung ist. Sie wollten nichts anderes sein, als „nur ein Journalist“. Wie eine Tragik erscheint es uns, daß Sie, dessen große Sehnsucht es war, eines Tages nicht nur ständiger Mitarbeiter der „Furche“, sondern deren Redakteur zu sein, daß Sie, als dieses Ziel endlich erreicht, diese Sehnsucht erfüllt war, von dieser Welt hinweggenommen wurden.

Sie fehlen uns sehr, lieber Kollege Salaschek. aber nicht nur uns, den Leuten von der „Furche“. Sie fehlen gewiß schon den Lesern, die so gerne Ihre Reportagen, mit denen Sie sich einen Namen erschrieben, die so gerne Ihre Buchkritiken lasen. Sie fehlen auf allen jenen künstlerischen und kulturellen Veranstaltungen, die Sie unermüdlich besuchten, mit der Gewißheit, kaum eine Ernte von einigen Zeilen nach Hause zu bringen, aber dennoch mit dem Trost im Herzen, durch Ihre Anwesenheit. Ihr Interesse allein so manchem kleinen Ereignis im kulturellen Leben Mut zu weiterem Leben gegeben zu haben.

Ihre Worte, die Sie so sparsam gesprochen und die Sie so verschwenderisch geschrieben haben, sprechen nicht mehr zu uns. Sie sind verstummt, und nur die Hoffnung, daß Sie in der Gegenwart des ewigen Wortes weilen können, erhellt unsere Traurigkeit. Haben Sie Dank für alles, lieber Kollege Salaschek!

Anläßlich des Ablebens unseres Redakteurs Hattns Salaschek sind der „Furche“ aus dem In- und Ausland telegraphisch und brieflich zahlreiche Kundgebungen der Anteilnahme zugekommen, die von der großen Beliebtheit und Geschätztheit unseres verstorbenen Kollegen zeugen. So haben unter anderem kondoliert: Gen.-Staatsarchivar

u. GM. a. D. wirkl. Hofrat Ing. u. Dr. Regele, Wiener Dom-Verlag, gez. Dr. Martin Riedlinger, österreichische Turn- und Sport-Union, gez. Komm.-Rat. Marousek, Brucknerbund für OÖ„ der zweite Präsident des Kuratoriums des Dorotheums, Oberstleutnant a. D. Josef Seifert, Prof. Dr. Friedrich Wallisch, Aimée Carola Kut- schera, Dr. Georg Zimmer-Lehmann, Dr. Franz Tiso München, Dipl.-Ing. Horwatitsch und viele andere.

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