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Mancherlei Ehen

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Marguerite Duraserklärte, ein Bruch um des Bruches willen interessiere sie nicht. Handlung führe aber stets einen Bruch herbei. Nun, in ihrem Stück „La Musica“, das derzeit im Kleinen Theater der Josef- stadt aufgeführt wird, hat der Bruch zwischen zwei Eheleuten schon stattgefunden, sie treffen sich nach der Scheidungsverhandlung zufällig im gleichen Hotel. Ihr Gespräch ergibt das Stück.

Mögen beide Teile auch neue Verbindungen eingegangen sein, so steht doch die Vergangenheit mit beiderseitiger Untreue, mit Selbstmordversuch und geplantem, aber nicht ausgeführtem Mord wieder auf, Gefühle, die überwunden schienen, ' sind nicht überwunden, diese fast schmerzliche Erkenntnis wird wach, i stürzt die beiden in Wirrnis.

Dieses Stück, fast zu subtil für das Theater, verlangt eine vorzügliche Wiedergabe. In der Pariser Aufführung war das Gegen- und Zueinander der beiden in Spannung, in ein i Funkenknistern, in Bewegung umge- : setzt. Das verstärkt die Bühnenwirkung. Der Wiener Regisseur Hermann Kutscher dagegen läßt die Worte zögernd aus dem Erinnern, aufsteigen, das entspricht stärker der Eigenart des Dialogs. Ursula t Schult, eine der intensivsten Wiener i Schauspielerinnen, gibt der Frau in i aller Verhaltenheit das Ungeklärte der Gefühle. AxelCorti ist ihr ein ebenso verhalten wirkender Partner. Auch im „Spiel“ von Samuel Beckett, das im Anschluß wiedergegeben wird, geht es um Ehebruch, allerdings nur um den des Mannes, der sich zwischen zwei Frauen nicht entscheiden könnte. Dies begab sich damals, als die drei noch lebten, denn nun sieht man nur ihre gespenstig kalkigen Köpfe aus Urnen ragen, die, wenn auch überdimensioniert, daran gemahnen, daß Urnen die Asche Toter enthalten. Aber was sie erzählen, wirkt höchst banal, im Gegensatz zu dem psychologisch feinnervigen Einblick, den die Duras bietet. Zweifellos fesselt bei Beckett einigermaßen die Form: Die drei berichten das reichlich Geringfügige monologisierend mit dauerndem Blick ins Leere, wobei diese Monologe ineinandergeschnitten sind und von ihrem Anfang an wiederholt werden. Aber Samuel Beckett hat sich offenbar ausgeschrieben. Ursula Schult, Gertraud Jesserer und Axel Cortisprechen, wie vom Autor gefordert, fast ausschließlich tonlos.

Das Hippie- und Rassenkonfliktstück „Inside out“ des 24jährigen Amerikaners Jan Quackenbush hatte in New York erheblichen Erfolg. Nun spielt das Ateliertheater in deutschsprachiger Erstaufführung seinen Einpersoneneinakter „Faces"(„Gesichter“). Eine Darstellerin hat da andeutend mehrere Phasen aus dem Leben einer Frau vom kleinen Mädchen bis zur Greisin, im Rückblick wie im Vorausblick, wiederzugeben. Diese Frau erweckt jedoch in nichts unsere Teilnahme, das Stück wirkt lediglich als Fingerübung. Die durchaus begabte Friederike Weber erweist sich im Alleingang unter der Regie von Peter Michl-Bernhard überfordert.

Das „Theater beim Getreidemarkt“ führt zwei frühe Einakter von Harold Pinter auf. Im ersten, „Der stumme Diener“, warten zwei Killer in einem geheimnisvollen Haus auf den Mordbefehl, der schließlich durch ein geheimnisvolles Sprechrohr erfolgt. Der eine hat den anderen umzulegen. Im zweiten Einakter „Ein leichter Schmerz" beunruhigt ein Streichholzverkäufer, der nie etwas verkauft, ein Ehepaar, das in einem einsamen Haus wohnt, vor dem er seit zwei Monaten steht. Hereingerufen, spricht er kein Wort, aber die Frau tauscht ihn gegen ihren Mann aus.

In beiden Einaktern wird durch Geheimnistuerei Spannung erweckt, man spürt den Einfluß der französischen „Absurden“, doch bleiben die Stücke völlig äußerlich. Im ersten der beiden Einakter wäre eine etwas stärkere Profilierung der Gestalten, als sie durch Helmut Siderits und Bernd Palma erfolgt, möglich. Der zweite kommt durch Kurt Kosutic, Ingeborg Bauböck und Wolf Käfer zu stückadäquater Wirkung. Regie führte Franz Zoglauer.

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