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Mozart mit Vierzehn

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Im Rahmen der Mozart-Woche veranstaltete die Stiftung Mozarteum gemeinsam mit dem österreichischen Rundfunk die Aufführung der Oper „Mitridate, Re di Ponto“, eines Werkes, das der erst 14jährige Mo* zart in Mailand 1770 komponiert hat. Selbst die konzertante Aufführung dieses seit 200 Jahren nicht mehr inszenierten Werkes dauerte mehr als drei Stunden. — Zunächst hatte es den Anschein, als wollte Leopold Hager sich ob der Länge der Darbietung (24 Arien) mit dem Dirigie-reh beeilen: Er leitete das Ensemble fast unruhig. Sein aufwendiger Gestenreichtum machte es den Musikern des Mozarteum-Orchesters nicht leicht, ihm zu folgen. Bald aber wich die Edle einer dem Werk adäquaten musikalischen Brisanz. Der Nuancenreichtum, den Hager aufzeigte, verlor sich nie in pathetischen Übertreibungen. Es ist durchaus nicht weit hergeholt, wenn man sagt: Die Arien besaßen „swing“; und das erlebt man wahrlich nicht oft.

Die Gesangsolisten boten das Beste dar, was uns seit langem in Salzburg geboten wurde. Stanley Kolks (Mitridate) voluminöser Tenor mit seinem charakteristischen Vibrato ist prädestiniert für die Lyrik der an italienisch Volksliedhaftes erinnernden großen Intervalle. Auch der zweite Tenor, Peter Baillie (Marzio), paßte sehr viel besser in dieses Werk als in das Konzert geistlicher Musik einige Tage vorher. Einen kleinen Schnitzer in der Höhe war man gern gewillt zu überhören. Meredith Zara (Aspasia) gelangen am Anfang die

Legato-Koloraturen nicht ganz sauber — die hohen Staccato-Läiufe des zweiten Aktes und die langen Crescendi liegen ihr offensichtlich um so mehr. Mit der Variabilität ihres Soprans kam sie dem Dirigenten sehr entgegen. Edith Gabry (Sifare) meisterte größte Tonsprünge und schwierigste Phrasen (allerdings auch nicht gleich zu Beginn) mit bewundernswerter Reinheit und Sicherheit. Die klare Stimme der Ileana Cotrubas (Smene) ließ die viel auf Dreiklangfolgen aufgebaute Melodie besonders transparent erscheinen. Als Gegenpol dazu wirkte Reingard Didusch (Arbate) in den Mezzosopranlagen sehr schön weich und doch kräftig. Besonders aber gefiel Brigitte Fassbaender (Farnace) mit ihrer vollen Altstimme, die eine Art „beleidigter Charme“ überaus anziehend machte.

Hatte der zweite Akt seinen Höhepunkt in dem Duett der Zara und der Gabry, so kulminierte das gesamte Werk in dem kurzen fünfstimmigen Finale. — Die Cembalobegleitung in den Rezitativen besorgte mit viel Einfühlungsvermögen Uwe Mund, die verbindenden Texte sprach Michael Heitau.

Äußerst schade, daß der Saal nicht bis auf den letzten Platz besetzt war, daß er sich nach der Pause sogar noch mehr geleert hatte. Hoffentlich haben viele Musikfreunde die Möglichkeit wahrgenommen, die Darbietung am vergangenen Sonntag von einem der vielen angeschlossenen Rundfunksender zu hören.

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