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Dermota als Palestrina

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Pfitzners Oper hat sich — Dramatik hin, Dramatik her — seit ihrer Uraufführung 1927 unter Bruno Walter in München als ein echtes, wertbeständiges Meisterwerk erwiesen. Text und Musik gehören zu jenen seltenen musikdramatischen Produkten, wo der kritische und anspruchsvollere Hörer nicht den Verstand ausschalten muß, um zu ihrem ganzen Genuß zu kommen. (Die schönste Würdigung des Werkes findet sich — ausgerechnet — in Thomas Manns „Betrachtupgen eines Unpolitischen“. Bitte ein bissei suchen und nachlesen.) — Wir waren von dieser Aufführung, einer Wiederaufnahme nach so vielen Jahren, sehr beeindruckt: Man weiß wieder einmal, was man an der Wiener Staatsoper zu leisten imstande ist. — Die Inszenierung Hotters bleibt gültig, ebenso das Bühnenbild von Schneider-Siemssen (nur bitte etwas mehr Licht im ersten Akt, der mit seinen 110 Minuten einer der längsten in der Opernliteratur ist). — Sehr verdienstvoll: die Spielleitung von Richard Bietschacher, der lediglich im zweiten Akt, beim Einzug der hohen kirchlichen Würdenträger, ein bissei zuviel weggeräumt hat: an zeremonieller Begrüßung in ihren verschiedenen Abstufungen usw. Aber alles übrige war trefflich gelungen, weil natürlich, glaubwürdig, unmanieriert und dem Konzept des Autors Hans Pfitzner entsprechend. — Bei jeder Aufführung dieses Werkes kommen infolge der großen Anzahl der Mitwirkenden die einzelnen Sänger zu kurz. Aber gibt es ein anmutigeres Knabenpaar als Olivera Miljakovic (Ighino) und Gertrude Jahn (Süla)? Das sind wohl die wichtigsten und dankbarsten Hosenrollen, denn die beiden geben in der ersten halben Stunde die gesamte Exposition der Oper. In Erscheinung und Stimme würdig und der Vorstellung des Dichter-Komponisten entsprechend die Herren: Frank, Wächter, Melchert, Czerwenka, Wie-ner, Kunz, Zednik, Holecek, Helm, Dickie, Equüuz und Christian. — Überaus eindrucksvoll, was die stimmliche Leistung, die Größe und Verinnerlichung der Titelpartie betrifft: Anton Dermota. — Sehr konzentriert und nie den Stil des Ganzen aus dem Auge verlierend: Leopold Hager, der die in Bestform spielenden Philharmoniker leitete. Brausender Applaus vor allem für Anton Dermota, der, von Hilda Berger-i.vdyerwald begleitet, mit reifer, ungeminderter Gestaltungskraft im Brahms-Saal Schuberts „Winterreise“ sang und demnächst, am 11. April, ebenfalls im Brahms-Saal, für die „Jeunesses“ einen Liederabend geben wird.

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