6780316-1969_40_14.jpg
Digital In Arbeit

Oper fürs Publikum

19451960198020002020

Nach Wagners ;,Meistersingern” und Verdis „Aida” hatte Intendant Helmut WI a s a k für die Eröffnung der dritten Spielzeit im heuen Großen Haus des Tiroler Landes theaters wieder eine deutsche Oper ausersehen. Daß sie von einem Komponisten unserer Zeit stammt, der ihre österreichische Erstaufführung zudem durch persönliche Anwesenheit dekorierte, unterstreicht nicht nur den Trend zur Gegenwart im Innsbrucker Spielplan, sondern auch die Ambition des Hauses am Rennweg, sich zu einer kompetenten Institution für gültige Vermittlungen zeitgenössischer Werke vorzuarbeiten. Sowohl Henzes „Boulevard Solitude” als auch Einems „Danton” haben, um nur zwei Beispiele zu nennen, das Tiroler Landestheater in dieser Hinsicht schon erfreulich ins Gespräch gebracht.

19451960198020002020

Nach Wagners ;,Meistersingern” und Verdis „Aida” hatte Intendant Helmut WI a s a k für die Eröffnung der dritten Spielzeit im heuen Großen Haus des Tiroler Landes theaters wieder eine deutsche Oper ausersehen. Daß sie von einem Komponisten unserer Zeit stammt, der ihre österreichische Erstaufführung zudem durch persönliche Anwesenheit dekorierte, unterstreicht nicht nur den Trend zur Gegenwart im Innsbrucker Spielplan, sondern auch die Ambition des Hauses am Rennweg, sich zu einer kompetenten Institution für gültige Vermittlungen zeitgenössischer Werke vorzuarbeiten. Sowohl Henzes „Boulevard Solitude” als auch Einems „Danton” haben, um nur zwei Beispiele zu nennen, das Tiroler Landestheater in dieser Hinsicht schon erfreulich ins Gespräch gebracht.

Werbung
Werbung
Werbung

Werner Egks Vertonung der leidenschaftlichen Kleist-Novelle „Die Verlobung in San Domingo” entstand über Anregung des seinerzeitigen Münchner Staatsintendanten Rudolf Hartmann und wurde im Rahmen der festlichen Wiedereröffnung der Bayerischen Staatsoper am 27. November 1963 uraufgeführt. Seither hat sich das Werk auf 16 deutschen Bühnen gut verkauft. Kein Wunder, widerlegt es doch aufs kräftigste die „Theorie von der Unvereinbarkeit zeitgenössischer Opern und echter Publikumserfolge”. Unbekümmert um den gerade tonangebenden kompositionstechnischen dernier cri schreibt Werner Egk seine durchaus persönliche Handschrift, die — wenngleich Wagner, Strauss und Puccini darin ohrenfällig weiterleben — keineswegs epigonal anmutet. Die glutvoll- eruptive Partitur ist der erregenden Geschichte, dem auf ihre elementaren Grundzüge vereinfachten Libretto maßgeschneidert.

Während des blutigen Negeraufstandes von 1803 im französischen Teil der Insel Haiti gerät das Mischlingsmädchen Jeanne in den tragischen Konflikt von Liebe und Rassenhaß. Von den Schwarzen als Lockvogel für weiße Flüchtlinge benützt, opfert sie in jäh aufflammender Liebe für einen französischen Offizier ihr Leben zu dessen Rettung. Zur überaus konzentrierten Aktion setzen ein Vor- und ein Zwischenspiel markante Gegenpole der Reflexion: Ein Schwarzer und ein Weißer üben quasi die antike Funktion des Chores aus, berichten, deuten, mißdeuten — jeder aus seiner durch die Brille persönlicher Ressentiments getrübten Sicht — die Ereignisse von damals. Das aktualisiert die Oper — macht sie zum Lehrstück. „Sie müssen lernen, miteinander zu leben, sonst werden sie aneinander sterben …” lautet die zeitlose Erkenntnis aus dem historischen Vorwurf.

Die Innsbrucker Aufführung verhalf dem Werk zu effektvoller Entfaltung. Durch transparente Wände holte Peter Mühlers Bühnenbild den tropischen Dschungel mit in das Pflanzerhaus, das zum Schauplatz des von Helmut Wlasak dicht inszenierten

Dramas wurde. Die Szene loderte. Die exotischen Kostüme entwarf Suzanne Thaler. Viktoria Zimtea debütierte als Jeanne, brachte nicht nur einen aparten jugendlich-dramatischen Sopran, sondern auch heroischen Liebreiz auf die Bühne. Gertraud Eckert als rachedurstige Mulattin Babekan glühte in dunkler Intensität, Mario Aich gelang stimmlich wie darstellerisch eine äußerst expressive Durchzeichnung des jungen Offiziers. Auch Hans Kiemer, Max Hechenleitner, Anton Wendler und Gotthardt Schubert ließen es an temperamentvollem Einsatz nicht fehlen.

Das Hauptverdienst am Format des Abends ist aber Karl Randolf zuzubuchen, der wahrhaft Funken aus dem Orchester schlug. Die unverkennbar minuziöse Vorbereitung und profunde Vertrautheit mit der Partitur ermöglichten ein spannungsreiches, klanglich wie rhythmisch vitales Musizieren, das seine Wirkung nicht verfehlen konnte. Das Publikum war begeistert, der Komponist und alle seine Interpreten wurden stürmisch gefeiert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung