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Es gehört zu den Unbegreiflichkeiten der Verleihpraktiken, daß manche Wochen ausgesprochen magere Programme bieten, dann plötzlich wieder — wie in dieser Woche — eine wahre Invasion interessanter Filme den Kinos beschert wird. Den Reigen eröffnet die amerikanische Tennessee-Williams-Verfilmung seines bühnenwirksamen Theaterstückes „Süßer Vogel Jugend“. Richard Brook's Inszenierung standen grandiose Gestalter für diese effektvollen Rollen zur Verfügung, und besonders Geraldine Page spielt die alternde Schauspielerin, die in Alkohol, Rauschgift und erotischen Exzessen Vergessen sucht, hinreißend. Die Aussage des Films steht, wie immer bei dem hart zupackenden Dichter der heißen Treibhausluft der amerikanischen Südstaaten, hinter aller vordergründigen Perversion und psychologische Exaltiertheit: alle äußerlichen Erfolge lassen den Menschen innerlich um so mehr verkommen. Der Schein trügt, denn hinter der Fassade ist Hysterie, Leere und Verzweiflung. Man muß einem Dichter das Recht zugestehen, seine Thesen in krassen Szenen und Formulierungen vorzutragen. Im Theater sind auch größere und größte Dichter so verfahren; der Film allerdings wendet sich an die Breite des Publikums, die diesen harter) Vordergrund nicht immer richtig zu interpretie-tieren imstande sein wird.

Antike und Moderne in eine Synthese zu bringen unternimmt Jules D a s s i n in dem Streifen „P h a e d r a“. Die Tragödie des Euripides von der Liebe einer Frau zu ihrem Stiefsohn und der furchtbaren Rache des betrogenen Ehegatten wird mit viel Geschick und Einfühlungsvermögen in eine Gegenwartsgeschichte umgeformt. Jules Dassin's bewährte Hauptdarstellerin, Melina Mercouri, zeigt auch in diesem Film ihr starkes Talent und vermag, mit kleinen Einschränkungen, diese schwierige Rolle eindringlich zu gestalten. Neben ihr können sich auch Raf Vallone als vitaler Erfolgsmensch und Anthony Perkins als Liebhaber seiner Stiefmutter bewähren.

Auch der deutsche Film beteiligt sich

— mit italienischer Co-Produktions-Hilfe

— an dieser Konkurrenz und schickt seinen Spitzenstar O. W. Fischer als „Axel Munthe, der Arzt von San Mi-c h e I e“ ins Rennen. Das vielgelesene Buch des schwedischen Modearztes bot in der Rolle des eigenwilligen Abenteurers, Ästheten und philosophischen Grüblers O. W. Fischer Gelegenheit, alle Register seiner schillernden Darstellungskunst zu ziehen. Daß aber kaum mehr als ein bewegter Bilderbogen mit etlichen Leerläufen herauskam und Axel Munthes interessante Persönlichkeit vielfach in den Hintergrund gedrängt wurde, geht in erster Linie auf Kosten des ziemlich frei verfahrenden Drehbuchs und der zu geringen Gestaltungskraft der Regie. Nur ein paar eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen und vereinzelt auch dramatisch packende Szenen können als gelungen bezeichnet werden, so etwa ein paar Aufnahmen von der großen Cholera-Epidemie in Neapel. Alles übrige ist Durchschnittsunterhaltung mit Starallüren und eher für Verehrer von O. W. Fischer zuträglich als für Freunde von Axel Munthes Roman.

Ebenso gewichtslos wie billig ist der andere deutsche Film mit' dem bezeichnenden Titel „W enn die Musik spielt am Wörther See“. Zum Glück spielt nur in diesem Film eine so fade Musik an unserem herrlichen Kärntner See. Da ist noch die Verfilmung von Johann Strauß' „Zigeunerbaron“ eher zu ertragen, denn zumindest die Musik überstand die Verfilmungstortur einigermaßen. Unvorstellbar primitiv trotz Sonja Ziemanns Mitwirkung ist der deutsche Kriminalfilm „Der Tod fährt m i t“. Wieder einmal glaubt man, einen Tiefstand des deutschen Films erlebt zu haben; aber wahrscheinlich gibt es keine untere Grenze des Unsinns.

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