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Überschwemmtes Holland

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Da kamen eines Tages zwei Bücher bei mir an: Arie van der Lug „Gott schüttelte die Gewässer“. tUebersetzung aus dem Holländischen von Julie von W a 11 e n w y 1-de G r u y t e r. Rex-Verlag, München. 229 Seiten, Preis DM 11.50.) Und: Jan de Hartog „Die kleine Arche“. (Roman. Illustrationen von Joseph Low, Desch, München. 267 Seiten.) Ich habe gelesen und nun bin ich nicht mehr objektiv. Ich kann Ihnen sagen, was in diesen beiden Werken beschrieben ist: die große Sturmflut über Holland im Jänner 1953. Davon haben Sie in den Zeitungen gelesen und haben vermutlich in rgendeiner Weise mitgeholfen, das Unglück der Ueberfluteten zu lindern, so wie es alle getan haben, die ein Herz hatten. Aber damit ist noch nichts über diese Bücher gesagt. Mehr verrate ich: daß ich diese beiden liebe. Ihr Inhalt ist schrecklich! Und trotzdem:.. Kriege sind, schlimm, Katastrophen sind schlimm, Revolutionen sind (sinnlos) schlimm, Wahlen sind (erregend) schlimm, Menschen (im allgemeinen) sind schlimm. Aber die Sturmflut ist nicht n u r schlimm — sie.ist auch ein Symbol. Hier offenbarte ich neuerlich der Heilige Geist: um zu vermelden, daß das Leben auf dieser Erde eine Vor-läufifkeit ist, die jederzeit und zu jedem beliebigen,

Gott gänzlich ausgelieferten Augenblick abgebrochen werden kann. Und Er verkündet, daß die geschüttelten Gewässer, die Taufmaterien, es sind, die Er benutzt, um unsere Vorläufigkeit und Seine göttliche Unbedingtheit zu erhellen. Dajnals war es keine Sintflut (die sich Gott seit altersher verboten hat) — es war eine Taufe, worin der Untergang in Christi Tod ebenso offenbar wurde wie das Auftauchen in Seiner Auferstehung. Darum verstehe ich alle Schrecken im Buch Lugts. Und darum liebe ich die Katze und den Hund und. den Stallhasen und den Hahn in der „Kleinen Arche“. — Wenn Sie den einen oder den anderen Roman (und es sind „Romane“, keine „Berichte“!) in die Hand bekommen — lesen Sie über beide hinaus: Sie können die Schiecken der Erde und die Herrlichkeit des Heiligen Geistes verspüren. — Mehr kann ich nicht sagen!

Diego Hanns G 8 e t z OP.

Versunkene Städte. Ein Buch von Glanz und Untergang. Von Hermann und Georg Schreiber. Paul-Neff-Verlag, Wien. 320 Seiten.

„Nicht auf dem Boden deiner Erde wandelst du, armer Mensch, sondern auf einem Dach deines Hauses, das durch viele Ueberschwemmungen erst zu dem werden konnte, was es dir jetzt ist.“ Dieses Herder-Wort _ steht nicht nur als Motto am Beginn des Buches, sondern es durchklingt auch, wie ein schwermütig-ernstes Leitmotiv, wie eine dunkle Melodie das ganze Buch vom Glanz und Untergang der großen Städte. So intensiv und vielfältig sind die Wechselbeziehungen zwischen den Städten, diesen merkwürdigen, sich in Jahrhunderten formenden uqd ausprägenden „Organismen“ und dem Menschen, daß die Städte auch Zentren der Sagen- und Mythen-bildung wurden. Aber dieses Buch, das ein Altphilologe und Archäologe gemeinsam mit einem mehr der Gegenwart zugewandten Germanisten und Psychologen geschaffen haben (Hermann und Georg Schreiber sind Brüder), enthält keine Sagen und Mythen, sondern stellt nur das historisch und wissenschaftlich Verbüjgte dar. — Neben den Naturelementen, welche heilige und unheilige Stätten zerstört haben (Vineta, Atlantis, Angkor, Sodom und Gcmorrha), erweist sich der Krieg als schlimmster Feind der Städte. So war es zu Trojas und Karthagos Zeit, und so erlebten wir es in unseren Tagen. Die drei Seiten umfassende Zeittafel ist in der Hauptsache — eine Kriegsgeschichte. Aber neben dieser heroisch-schwermütigen Melodie von Vergänglichkeit und Untergang ist die Geschichte der Städte auch reich an heiteren und bizarren Motiven. Da gibt es, in grauer Vorzeit, Stätten des Luxus, des Wohllebens und des Lebensgenusses (z. B. Ostia und Baiae), die Hollywood und Monte Carlo in den Schatten stellen. Bewußt haben die Autoren einige Kulturkreise und Städte ausgespart, die in der letzten Zeit in ausführlichen Monographien dargestellt wurden: Kreta, Aegypten, die Mayakultur u. a. Ebenso den Fernen Osten. Aber das werden sie vielleicht in einem zweiten Band nachholen, der ebenfalls seine Leser finden würde. Denn Hermann und Georg Schreiber sind nicht nur eifrige Quellenforscher, sondern auch unterhaltsame und brillante Erzähler. Kritische Nüchternheit und Begeisterung (am rechten Ort), vor allem aber der Blick für das kulturhistorisch Interessante und Fesselnde bewahren sie vor. der schematisch-langr'eiligen Darstellung des ungeheuren und wenig bekannten Stoffes. Zahlreiche Taieln und Textillustrationen, ein halbes Hundert Anmerkungen, Zeittafeln und Register ergänzen den Band.

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