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Von Andorra zu Elektra

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Klagenfurt* Theater hat es in der neuen Spielzeit nicht leicht; der Zu-bau und die neue Drehbühne, die das veraltete Scheibengerümpel zu ersetzen hatte, führten zu zeitweiliger Verlegung in den großen Konzerthaussaal, wo man unter schwierigen Umständen eine schwungvolle „Csardasfürstin“ ihren Melodienfächer entfalten ließ, und zu einer Steigerung des Kammerspielbetriebes, der allerdings mit einer Uraufführung danebengeriet und dem „Geliebten Gangster“ von Peters-Arnolds keinerlei Neigung bescherte. Da hatte man schon mit Watkyns geschickter Kriminalkomödie „Schönes Wochenende, Mister B e n n e 11“ mehr Sukzeß, welcher schauspielerischer Leistung (Raimund Kuchar, Fritz Bittner) zu danken war. Der eigentliche Kammerspielerfolg stellte sich aber erst richtig mit Wincelbergs Zweipersonenstück „K a t a k i“ ein, das dem Amerikaner Volker Krystoph und dem Japaner W. R. Langer verdienten Beifall eintrug.

Nach solchem Vorgeplänkel (dies keinesfalls als Herabsetzung gedacht) konnte man endlich ins große Haus übersiedeln, das erst in der zweiten Umbauperiode im nächsten Jahr seine innere durchmachen wird, und mit dem fall „Andorra“ von Max Frisch frei, wenn auch nicht fröhlich eröffnen. Der Eindruck gab dem Beginnen recht; Presse und Publikum stimmten dem Drama der anerzogenen und eingebleuten Voreingenommenheit zu, letzteres zumindest der überzeugenden Darstellung, die sich der Lenkung durch O. FL Böhm erfreuen durfte. Dieser hatte nach klugen Strichen und einer gewissen Entschärfung der „Judenschau“ sein Ensemble hervorragend eingesetzt, das in dem jungen Gerhard Balluch einen überraschend reifen Andri, in Ilse Stöckl eine empfindungsstarke Barblin und in Raimund Kuchar einen erschütternden Lehrer hatte, im übrigen aber in seiner Gesamtheit kaum einen Wunsch offenließ. Das in seiner Mauenlmengtheit drückende Bühnenbild Arch. S p u r n y s trug wesentlich zum Seelenklima der Tragödie bei. Um so unbegreiflicher, daß die Schulen eine Übernahme ganzer Vorstellungen ablehnten, besorgt, es könnte neonazistische Unerfreulichkeiten geben; der Besuch wurde den Schülern der Oberstufen allerdings freigestellt.

Mit dem Wagnis „Elektra“ von Strauß — Zweifler mochten e „vermessen“ nennen — trat die Oper in Erscheinung und siegte. Siegte nicht nur durch den großen Gast, durch die „geborene“ Elektra Christi Goltz von der Staatsoper, denn auch die „nachsingende“ Liselotte Thomamüller, Bremen, fiel nicht zu sehr ab, sondern siegte auch mit der sorgfältigen Einstudierung durch Günther Lehmann, der ein 50-Mann-Orchester zu schönem Musizieren' mitriß, und in Curt H a m p e (Regie) und Arch. S p u r n y (Bild) gediegene Unterstützung fand. Neben die Elektra-Sänge-rinnen traten verdienstvoll die schauspielerisch interessante Klytämnestra Dorothea Fischer und die Chrysothemis der neu engagierten Barbara von Leichsenring. Für den Orest hatte man den Negerbariton William Ray aus Berlin geholt, der dank seiner tragenden warmen Stimme und beispielhaften Wortdeutlichkeit die Kürze der Partie bedauern ließ. Klagenfurt hat ein kleine Theater; daß diese über ich hinauszuwachsen vermag und nicht im Provinziellen steckenbleibt, ist für uns beglückend. Georg Drozdowtki

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