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Von reifer und reifender Kunst

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Zu den eigenartigsten und feinfühligsten Malern Wiens bis 1938 gehörte zweifellos der auch als Buchillustrator rühmlich bekannte Franz W a c i k, den eine kleine Ausstellung in der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste unverdienter Vergessenheit entreißt. Es war ein überaus glücklicher Gedanke des Bibliotheksdirektors Dr. Hans Ankwicz - Kleehoven, einen Überblick über das graphische Schaffen dieses Künstlers zu geben und es durch eine stattliche Anzahl seiner Bilder zu beleben.

Zwei Grundelemente kennzeichnen Wa-ciks Schaffen, eine tiefe Naturverbundenheit, die sich in entzückenden Naturstudien verrät, und eine beseelte Phantasie, die ihn immer wieder in das Reich des Märchens und der Legende führte, ein Gebiet, auf dem er Köstliches zu geben verstand. Als Zeichner der „Muskete“ errang Wacik seine ersten Erfolge, die er als Illustrator von Kindermärchen und Erzählungen zu bedeutsamer künstlerischer Höhe steigerte. Über die Gebrauchsgraphik hinaus, deren verschiedene Techniken er meisterhaft beherrschte, war er auch ein Maler von hohem Können, das sich nicht nur in stimmungsvollen Bildern, sondern vor allem auch in den für die Wiener Sezession bestimmten Fresken und in den schönen Freskoentwürfen für das Salzburger Gablerbräu („Der Lebenslauf des Kammersängers Mayr“) erwies, die leider niemals zur Ausführung kamen. Wenn man in den Skizzenbüchern Waciks blättert, erkennt man erst so recht die Vielfältigkeit seines Sdiaffens und die überreiche Fülle köstlicher künstlerischer Einfälle. \

Das Werden und Reifen der jungen, heranwachsenden Künstlergeneration zu beobachten, ist vielleicht wichtiger als die Wertung der schon anerkannten Künstler; denn vor ihr hängt die künftige Stellung Österreichs im Kunstleben der Völker ab, und es ist nicht belanglos, wem ihre künstlerische Schulung anvertraut ist. Eine kleine Ausstellung von Arbeiten der allgemeinen Malerklasse der Hochschule für angewandte Kunst, die unter der Leitung von Professor Müller-Hofmann steht, zeigt, daß hier der richtige Weg beschritten wurde. Es ist der geglückte Versuch, jeden einzelnen dieser jungen Menschen auf seine Eigenart zurückzuführen, sie hinzulenken auf malerische Lockerung und Stärkung des Gefühls für Fleckwirkung als Grundbedingung malerischen Sehens. Vom bloßen Abzeichnen werden sie zur künstlerischen Gestaltung gebracht, ihr Sinn für die Kraft der Farbe und ihr Gefühl für Kontraste und Nuancierung von Licht und Schatten geweckt.

Z o 111 s lavierte Federzeichnungen, brillant behandelte figurale Vorwürfe, Steinbocks kraftvolle Temperalandschaften aus Kärnten, F e 11 i n g e r s stimmungstiefes Motiv von der „Alten Donau“ und ver-■ schiedene Arbeiten der hochbegabten S1 a-n a r, besonders die feine* Tintenzeichnung „Zu Hause“, würden sich auch in einer großen repräsentativen Kunstschau ehrenvoll behaupten. Rembrandt und Tiepolo sind nicht die schlechtesten Lehrmeister, und Professor Müller-FTofmann tat einen ausgezeichneten Griff, als er sie seinen Schülern als künstlerische Wegweiser vor Augen stellte.

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