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Wassergärten waren Inbegriff des Luxus

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Liest man das Buch „ Wassergär-ten” von George Plumtre, betrachtet man die vielen wunderschönen Farbbilder von Hugh Palmer - die Bücher werden immer schöner, dieses schafft es trotzdem, hervorzustechen -, kann man in unangebrachte nostalgische Anwandlungen verfallen angesichts des Luxus und der Schönheit historischer Wassergärten, Wasserparks, Wasserschlösser, Wasserlandschaften (in Zeiten wie diesen kann man ja vom Wasser nicht genug bekommen).

Tatsächlich sind sie alle, ob es sich um die Wasserkünste des Generalife in Granada handelt oder die von Versailles, die Teiche britischer Landschaftsgärten oder die tückischen, unversehens aus Bänken und Tischen springenden Fontänen von Salzburg (diese bleiben freilich, wie alles, was es zum Buchthema in Osterreich gibt, schmählicherweise von den Autoren unerwähnt), Werke vergangener Epochen.

Wir sind offenbar nur noch zur Hervorbringung von Schwimmbädern und küstenlandschaftsvernich-tenden Bettenburgenkonglomeraten fähig. Mit dem Mosaik eines Künstlers neben dem Eingang. Woran das wohl liegt? Zunächst wohl daran, daß es uns allen besser geht, daß wir mehr verdienen, daß wir uns daher eine so arbeitsaufwendige Architektur wie die der alten Schlösser und Gärten nicht mehr leisten können. Unsere Arbeitskraft ist für uns selber zu teuer geworden.

Außerdem aber ist die Ästhetisie-rung des Alltags auch ganz einfach nicht mehr „in”. Ist kein genügend starkes Bedürfnis mehr? Oder brauchen wir einfach keine schönen Gärten mehr anzulegen, weil wir schon so viele haben, weil die einst einer herrsehenden Oberschicht vorbehaltenen Gärten Allgemeingut sind? Dafür würde sprechen: Aufwendige Wassergärten wie die Fountain Plaza in Portland, wo Wasser die Betontröge mit den Bäumen umsprudelt, entstanden vor allem in den USA, wo es an historischen Anlagen fehlt.

Von einem Teilaspekt der Ästheti-sierung des Alltags handelt das Buch „Wassergärten”. Und von den verschiedenen Wegen, auf denen man zu ihr gelangen kann. Vor allem, wenn man einen davon konsequent beschreitet. Zwischen den vom berühmten Gartenarchitekten Andre Le Not-res streng geometrisch angeordneten Teichen im Barockgarten von Vaux-le-Vicomte, den englischen Landschaftsgärten und den wie Zufallsprodukte wirkenden, doch mit äußerster Strenge durchdachten Gärten Japans liegen Welten. Eins haben sie aber gemeinsam - die Ästhetisierung des Lebens. Der Austausch, vor allem den Import japanischer Vorbilder durch Europa, begann bereits im vorigen Jahrhundert.

In der islamischen Architektur hat das Wasser nicht nur ästhetische, sondern auch eine raumklimatische Funktion. Es floß nicht nur durch die Gärten, sondern, die Bäume durch Verdunstung kühlend, auch durch die Paläste der Mogulherrscher. Nirgends verfehlte es seine ästhetische Wirkung. Vielleicht klingt darin das Jahrtausende alte Erfahrung'swissen nach, daß wir nicht leben können, wo kein Wasser ist.

Hugh Palmer nimmt den Leser sozusagen bei der Hand und führt ihn mittels seiner Kamera rund um den Globus zu den günstigsten Blickpunkten, dorthin, wo jeder Wassergarten am besten zur Geltung kommt. Herrlich der Blick auf das Apollobassin von Versailles, gleich daneben her gen abgefallene Blätter ganz ruhig auf der Oberfläche eines kleinen Teichs auf der Insel Ischia. Verbindendes Stichwort: Symmetrie. Der Gartenfreund kann dem Abschnitt über den kleinen Wassergarten die eine oder andere Anregung entnehmen. Vor allem aber ist dieses Buch eine Einladung, im Lehnstuhl zu reisen.

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