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Lob des Reiseführers
Es gab eine Zeit, da lächelten wir über den mit einem Baedeker bewaffneten Museumsbesucher, und wir lächelten auch über die Reihe abgenützter roter Handbücher in der väterlichen Bibliothek. Studiert man die heutigen Touristik-Prospekte; so ist man aufgelegt, das Lob des alten guten Reiseführers zu singen. Denn wer nur in ihm blättert, dem mag der Mut entsinken, zehn Städte in drei Tagen zu absolvieren oder sich innerhalb einer Woche der Länge nach durch Italien, bis nach Taormina, schleifen zu lassen. Denn sowohl die Jüngersche Art der unmittelbaren, gewissermaßen makroskopischen Betrachtung der neuen Dinge und Landschaften, als auch die Bildungsreise älteren Stils setzt Ruhe und Sammlung voraus. „Befleißigen will ich mich der großen Gegenstände, lernen und mich ausbilden“, schrieb Goethe. Und bedenkt man, wie wählerisch die großen Reisenden der Vergangenheit waren, auf wie Weniges sie sich konzentrierten, so will uns die heutige Art des Tourismus barbarisch erscheinen (K. Edschmid nennt den Geschmack des heutigen Reisenden, der sich über eine Negerplastik ebenso begeistert wie über die Kathedrale von Chartres, „urban bis zur Charakterlosigkeit“).
So helfen uns die kleinen handlichen Reiseführer zunächst einmal auswählen. Sie breiten ihre Vorschläge übersichtlich und intelligent aus, verzichten auf die Diktatur der drei Sterne und stehen uns auch in praktischen Dingen mit gutem Rat zur Seite. Im Verlag Nagel (Paris-Genf -New York) sind bisher 15 Führer durch die wichtigsten Reiseländer sowie über die zwei Weltmetropolen („Paris und Umgebung“, „Rom und Umgebung“) erschienen; zehn weitere sind in Vorbereitung. Die beiden uns vorliegenden Bände „Italien“ (888 Seiten Text und 23 Seiten Einleitung, Preis 19.50 DM) und „Paris und Umgebung“ (408 und 32 Seiten, Preis 14 DM) machen einen guten Eindruck. Die Originalausgaben wurden jeweils von Fachleuten des betreffenden Landes verfaßt (G. S. Filippi, Rom, über Italien; Rene Mathicu und Georges Poisson, Vizedirektor der Musees de France, über Paris). Auf eine große, auseinanderklappbare Karte hat man zugunsten kleiier, dreifarbiger Teilkarten verzichtet, dafür aber zahlreiche Schwarzweißpläne, Grundrisse wichtiger Gebäude und Orientierungs-skizzen eingestreut. Hiermit sind die beiden Bände überreich und zweckmäßig ausgestattet. (Das Italienbuch enthält 92 ganzseitige dreifarbige Tafeln und 78 Pläne, der Paris-Führer einen auf 48 Seiten aufgeteilten Stadtplan, 9 Schwarzweißpläne und die sehr nützlichen Uebersichtstafeln des Metro- und Autobus-Netzes). Natürlich kann ein solches Büchlein bei kunstgeschichtlichen und historischen Dingen nicht ins Detail gehen. Doch ist die Zuverlässigkeit in den Angaben ziemlich groß. Kleine Irrtümer und Mißverständnisse sowie einige Druckfehler gehen wohl darauf zurück, daß auch die deutschen Ausgaben in einer französischen Setzetei gedruckt und anscheinend auch dort korrigiert wurden.
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