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Digital In Arbeit

Wie er arbeitete

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„Er hat schneller komponiert, als die Abschreiber es schreiben konnten, und das alles, ohne zu spielen, zu singen usw.; nur dann und wann hat er einen Akkord angeschlagen.“

„Seine Einbildungskraft war immer tätig, immer mit Musik beschäftigt, daher schien er oft zerstreut und gedankenlos.

Und wie viel hat der Mann nicht in seinem I eben, besonders in den letzten Jahren geschrieben! Da Mozart bekannterweise am liebsten in der Nacht spielte und komponierte und die Arbeit oft dringend war, so kann sich jeder vorstellen, wie sehr ein so fein organisierter Körper darunter leiden mußte. Sein früher Tod muß dieser Ursache hauptsächlich zugeschrieben werden.“

,,Die große Arbeitsamkeit in den letzten Jahren seines Lebens bestand darin, daß er mehr niederschrieb, eigentlich arbeitete er von jeher im Kopf immer gleich. Sein Geist war immer in Bewegung, er komponierte sozusagen immer.“

„Nie war Mozart weniger in seinen Gesprächen und Handlungen für einen großen Mann zu erkennen, als wenn er gerade mit einem wichtigen Werk beschäftigt war. Dann sprach er nicht nur verwirrt durcheinander, sondern machte mitunter Spaße einer Art, die man an ihm nicht gewohnt war, ja er vernachlässigte sich sogar absichtlich in seinem Betragen. Dabei schien er doch über nichts zu brüten und zu denken. Entweder verbarg er vorsätzlich aus nicht zu enthüllenden Ursachen seine innere Anstrengung unter äußerster Frivolität; oder er gefiel sich darin, die göttlichen Ideen seiner Musik mit den Einfällen platter Alltäglichkeit in scharfen Kontrast zu bringen und durch eine Art von Selbstironie zu ergötzen.“

„Und nun komme ich auf den allerschwersten Punkt in Ihrem Briefe, und den ich lieber gar fallen ließ, weil mir die Feder für sowas nicht zu Willen ist. Aber ich will es doch versuchen, und sollten Sie nur etwas zu lachen drinnen finden. Wie nämlich meine Art ist beim Schreiben und Ausarbeiten von großen und derben Sachen nämlich? — Ich kann darüber wahrlich nicht mehr sagen als das; denn ich weiß selbst nichts mehr und kann auf weiter nichts kommen. Wenn ich recht für mich bin und guter Dinge, etwa auf Reisen im Wagen oder nach guter Mahlzeit beim Spazieren, und in der Nacht, wenn ich nicht schlafen kann, da kommen mir die Gedanken stromweis und am besten. Woher und wie — das weiß ich nicht, kann auch nichts dazu. Die mir nun gefallen, behalte ich im Kopfe, und summe sie wohl auch vor mich hin, wie mir andere wenigstens gesagt haben. Halt ich das nun fest, so kommt mir bald einer nach dem anderen bei, wozu so ein Brocken zu brauchen wäre, um eine Pastete daraus zu machen, nach Kontrapunkt, nach Klang der verschiedenen Instrumente etc. etc. Das erhitzt mir die Seele, wenn ich nämlich nicht gestört werde; da wird es immer größer, und ich breite es immer weiter und heller aus, und das Ding wird im Kopf wahrlich fast fertig, wenn es auch lang ist, so daß ich's hernach mit einem Blick, gleichsam wie ein schönes Bild oder einen hübschen Menschen, im Geiste übersehe, und es auch gar nicht nacheinander, wie es hernach kommen muß, in der Einbildung höre, sondern wie gleich alles zusammen. Das ist nun ein Schmaus! Alles das Finden und Machen geht in mir nun wie in einem schön starken Traum vor. Aber das Ueberhören — so alles zusammen, ist doch das Beste. Was nun so geworden ist, das vergesse ich nicht so leicht wieder, und das ist vielleicht die beste Gabe, die mir unser Herrgott geschenkt hat. Wenn ich nun hernach einmal zum Schreiben komme, so nehme ich aus dem Sack meines Gehirns, was wie gesagt hineingesammelt ist. Darum kommt es hernach auch ziemlich schnell aufs Papier; denn es ist, wie gesagt, eigentlich schon fertig und wird auch selten viel anders, als es vorher im Kopf gewesen ist. Darum kann ich mich auch beim Schreiben stören lassen, und mag um mich herum mancherlei vorgehen, ich schreibe doch: kann auch dabei plaudern, nämlich von Hühnern und Gänsen, oder von Gretel und Bärbel und dergleichen.“

'Aus einem Brief, dessen Echtheit freilich angezweifelt wird, an Baron v. P.

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