6741055-1966_41_15.jpg
Digital In Arbeit

Wirre Gedanken

Werbung
Werbung
Werbung

Theater am Belvedere: Jenes

Pseudonym Gottfried Hauser, das sich hier bereits zweimal mit zwar ideenreichen, aber schlechten Stük- ken produzierte, stellte Nestroy- Kenner und Rätselfreunde diesmal vor eine spezielle Aufgabe, indem es eine Possie schrieb, die „Verwickelte Geschichte“ heißt und eigentlich von Nestroy ist. Wahrscheinlich hatte das Pseudonym in enger Zusammen- überlegung mit Direktor Dr. Irim- bert Ganser den Gedanken, daß dieser späte Nestroy zu kurz und auch nicht so recht gut sei. Das mag immerhin eine Erkenntnis sein. Eine Anmaßung ist es hingegen, wenn Hauser selbst einige Szenen dazu- schreibt, sich zum Johann Nepomuk und die „Verwickelte Geschichte“ zum Musical macht. Für eine solche Menge von Couplets brauchte Nestroy mindestens drei Stücke. Anachronismus (bald wird von der Equipage gesungen, bald von den Ministerpensionen), falsche Töne und allerlei Geistlosigkeiten wären dabei noch das wenigste; entscheidend ist der unerschütterliche Glaube gewisser Stückeschreiber, es auch so gut wie Nestroy zu können — er ist einzigartig, aber jeder zweite kann ihn bearbeiten ...

Erfreulich an dem ganzen Ärgernis: der Grundsatz, daß man im Keller nur Unbekannteres spielen soll; das Bühnenbild von Robert Sylve ster; Helmut Wagner und vor allem Ernst Beinstein als Darsteller. Peter Nebenfuers Regie jedenfalls nicht.

Theater im Palais Erzherzog Karl: Nun versuchte sich auch die Schweizerin Ingeborg Brun in der bereits ansehnliche Reihe von Solomimen, die den Goliath Unzulänglichkeit zu besiegen hoffen. Leider bleiben die Davids meistens auf der Strecke ... „Die geliebte Stimme“ wurde, wie viele andere kleine Werke von Jean Cocteau, für eine große Künstlerin geschrieben (der Text hat eine solche auch nötig). Ingeborg Brun ist (noch?) keine, darin liegt das ganze Problem. Was sie kann, zeigt sie im Mimischen — hier erreicht sie stellenweise bemerkenswerte Ausdruckskraft und macht Cocteaus Telefonmonolog letzten Endes doch sehenswert —, wo ihre Grenzen sind, zeigt sie im Sprachlichen. Mit diesem Wissen hätte sich der zweite Teil des Programms vermeiden lassen müssen. Man kann, wenn die Schwächen im Rhetorischen liegen, nicht Gedicht von Else Lasker-Schüler und lyrische Partien aus Lorca- Dramen redzitieren. Und wenn man zu kaschieren versucht, indem man die Lyrik spielt oder in (zum Teil recht ungeschickte) Bewegung auflöst, wird das Ganze nur noch schlimmer. Da hätte sich die interessante junge Schauspielerin anderes aussuchen sollen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung