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Zügellose Jugend

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Einen Ausnahmefall jugendlicher Hemmungslosigkeit, der aber in seiner treffsicheren Art ein faszinierendes Bild des amerikanischen Gesellschaftsgefüges bietet, schildert der von Noel Black inszenierte Streifen „Der Engel mit der Mörderhand“. Von einer an sich harmlosen Ausgangssituation weg — ein

Ein erstaunlicher Zug zum Hermetischen, Introvertierten eignet jedem der neuen Köpfe, jedenfalls in noch viel intensiverem Grade als den früheren Gruppenplastilken. Als gesichtslose Gestalten, in deren Welt einzudringen unmöglich ist, abgeriegelt, von der Fremdheit des Objektiven gekühlt, so präsentieren sich diese Werke. Manche von ihnen könnte man entmaterialisierten gotischen Statuen gleichsetzen, hieratischen Gestalten, die einen fremden, vielleicht sogar unversteh- oder deutbaren Traum träumen.

Perfekte Proportionen ist dabei stets wohl einer der wichtigsten Grundsätze, nach denen Avramidis sich richtet. Ausgehend vom Studium des menschlichen Körpers hat er sich allmählich gewissermaßen eine Gesetzmäßigkeit fixiert, einen „Goldenen Schnitt“, nach dem er die formale Gestaltung seiner Arbeiten vollzieht. Jede seiner dünnlinigen Zeichnungen und Skizzen zu den Plastiken dokumentiert, daß er diese Gesetzmäßigkeit wie die logische Folgerichtigkeit für die Methode, wie eine Plastik sich zu „ereignen“ hat, mit höchster Präzision befolgt Karlheinz Roschitz

jugendlicher Brandstifter absolviert unter Aufsicht eines Bewährungshelfers seine Bewährungszeit — entwickelt der Film von dem Augenblick an schockierende sozialkritsiche Tendenzen, da der Pyromane einem jungen Weibsteufel in die Hände fällt und schließlich ebenso langsam wie unaufhaltsam in sein endgültiges Verderben schlittert. An Hand einer zweifellos konstruierten, jedoch keineswegs unwahrscheinlichen Extremsituation analysiert Regisseur Black hier, wie die latente Mordlust in jedem Menschen durch an sich geringfügige äußere Umstände jederzeit zum Ausbruch kommen kann. Schlüsse auf die (amerikanische) Allgemeinheit werden hier zwar nicht gezogen, drängen sich aber auf. — In der Gestaltung seines Films folgt der Regisseur bewährten Vorbildern, vor allem der Methode Hitchcocks, innere Vorgänge durch Farbassoziationen zu symbolisieren („Marnie“). Dabei vermeidet der Regisseur jede Hintergründigkeit, sondern bezieht seine Effekte aus geschickt eingefangenen Alltagssituationen, deren lyrische Photographie noch dazu in bewußtem Konstrast zu den gezeigten Vorgängen steht. Vorzüglich die Darsteller: Anthony Perkins ist ja auf den Typ des jugendlichen Psychopathen bereits „eingearbeitet“, Tuesday Weid eine sehr talentierte Nachwuchsdarstellerin.

Die Erlebnisse eines 17jährigen Möchtegern-Casanovas erzählt der englische Film „ unterm Holder- busch“, der nach einem Roman von Hunter Davies gedreht wurde. Das erste sexuelle Erlebnis von Jugendlichen — in letzter Zeit viel gefragter Filmstoff — steht auch hier im Mittelpunkt der Handlung. Der von Clive Donner inszenierte Streifen ist stark an Richard Lesters Satire „The Knack“ orientiert, erreicht aber nur andeutungsweise dessen Treffsicherheit. Donners Humor ist weit vordergründiger, direkter und deftiger — was an der Buchvorlage liegt — und kommt nur in wenigen Passagen der leichthändigen Ironie des Lester-

sehen Vorbildes nahe. Immerhin ge

lingt es dem Regisseur Infolge der ausgezeichneten Darstellung durch Barry Evans und Judy Geeson sowie der effektvollen Photographie von Alex Thomson, den Streifen über alle Längen und Peinlichkeiten hinweg doch zu einem Ende mit Kompromissen an Jung und Alt zu ühmagnsl rbi a rioie tsiee .nedß sb aiscag i..

Kulturnotizen

• Zur Erinnerung an das Bekenntnis der Katholischen Jugend zu Kardinal Dr. Theodor Innitzer vor 30 Jahren wurde Prof. Dr. Haselböck mit der Komposition eines Psalmen-Pro- priums beauftragt. Dieses wird am 7. Oktober um 19 Uhr im Rahmen eines Festgottesdienstes im Stephans- dom uraufgeführt.

• Professor Dr. Ignaz Zangerle, Innsbruck, hält am 11. Oktober im Zentrum des Apostolates, Wien I, Stephansplatz 6, einen Gedenkvortrag zu Reinhold Schneiders 10. Todestag.

• Zu einem Huldigungskonzert für den Wiener Männergesangverein, der sein 125jähriges Jubiläum feiert, wird der Kölner Männergesangverein nach Wien kommen und am 5. Oktober im Großen Musikvereinssaal unter der Leitung von H. Rüb- ben geistliche und weltliche Chormusik vortragen.

O Oskar Kokoschkas Kaltnadelradierungen zu Aristophanes Komödie „Die Frösche“ ist als teuerstes Buch

der Frankfurter Buchmesse zu sehen; es wurden 120 handsignierte Exemplare hergestellt, von denen jedes 6000 DM kostet.

• Rolf Hochhuths „Soldaten", deren Uraufführung im September 1967 in Berlin stattfand, wurde von der englischen Theaterzensur nun doch für das National-Theater freigegeben.

• Günter Grass' Schauspiel „Davor“ wird im Frühjahr 1969 im Berliner Schillertheater in der Regie von Hans Lietzau uraufgeführt.'

• Frank D. Gilrovs Schauspiel „Dieser Sommer, dieser Herbst“ erlebt Mitte Oktober im Theater der Courage seine deutschsprachige Erstaufführung.

• Peter Handkes „Kaspar“ wird beim Festival des Prosa-Theaters in einem Gastspiel des Frankfurter Theaters am Turm gezeigt.

• Rudolf Hoflehner zeigt bis 25. Oktober im Atelier „Sousterrain“, Lerchenfelderstraße 73, neue druckgraphische Arbeiten.

• Die Wiener Kinderbühne eröffnet ihre Saison 196S 69 im Nestroy- Theater mit dem Märchenspiel „Schneeweißchen und Rosenrot“ von Rudolf Sobotka.

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