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Zur selben Zeit...

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Zur selben Zeit, da in London eben eine neue triumphale Shakespeare-Verfilmung, „Richard III.“ (mit Laurence Olivier und 2 Stunden 40 Minuten Spieldauer), anläuft, verneigt sich Sowjetrußland mit dem farbigen Ballettfilm „Romeo und Julia“ vor dem ungekrönten König des Weltdramas. War „am Anfang“ Prokofieffs traumhaft schöne Programmusik oder die graziös-seriöse Tanzkunst der Ulanowa, die heute kaum ihresgleichen hat? So oder so: Gegen Shakespeares Geist sündigt weder das eine noch das andere, ja im großartigen „Tod des Schelmen“ gelingt dem Film sogar, hinter dem einen, bisher bekannten, noch einen anderen, neuen — immer aber ureigenen — Shakespeare zu entdecken. Regie und Tanz bleiben fast herausfordernd konservativ — wohl auch hier im Geiste Shakespeares, der an befrackten Hamlets und ähnlichen Modernismen keine Freude gehabt hätte. Mit des Dichters eigenen Worten treibt ein Sprecher auch die Handlung ehr klug vorwärts, wo der Ausdruck des Tanzes notwendig versagen muß. Dagegen schwingen die (schon in Shakespeare enthaltenen!) „Kammerszenen“ und flutenden Massenbewegungen choreographisch voll aus. Gesamteindruck: faszinierend.

Zur selben Zeit, da in Deutschland die Remake-Premiere von „Der Kongreß tanzt“ stattfand, lief in Wien die Neufassung von „Die Drei von der Tankstelle“ an. Man müßte zwei Kritiken schreiben: eine böse, im Vergleich zur einstigen Pommer-Operette, ein gute, gemessen am Leistungs-dmchschnitt unserer Tage. Halten wir uns in der Mitte und freuen wir uns über eine angenehme, saubere, anspruchslose Neo-Operette. In der Serie freilich scheint uns der vergebliche Versuch, den Duft alter großer Erfolge neu parfümieren zu wollen, nicht ungefährlich. Man ohrfeigt sich selbst dabei und zeigt mit Fingern auf die erschreckende Abwärtsentwicklung eines Vierteljahrhunderts Film.

Zur selben Zeit, da ein amerikanischer Reißer, „Schachmatt“, einen Kriminalbeamten auf schiefe Bahn abrutschen läßt, führt ihn ein französischer Film. „Razzia in Paris“, nur scheinbar in die gefährliche Nähe der Verbrecher, um ihn am Ende über alle Schurken triumphieren zu lassen — hier ein Konsortium von Rauschgiftschmugglern, in deren Sog sich erschütternde Schicksale der Opfer abspielen. Beide Filme sind fixe Thriller, hart, brutal (bisweilen mehr als nötig), aber mit ernsteren Anläufen zu Milieukritik; besonders der letztere aber begibt sich der Chance des Seriösen, trotz der beachtenswerten Darstellung Jean Gabins. durch überflüssige Roheiten und eine erotische Kaltschnäuzigkeit, die ihresgleichen sucht.

Film schau (Gutachten der Katholischen Filin-kommission für Oesterreich), Nr. 51 vom 17. Dezember, Nr. 52/53 vom 24. Dezember und Nr. 1 vom 7. Jänner: II (Für alle zulässig): „Wunder der Prärie“. „Sissi“, „Der gläserne Pantoffel“ — III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Eine Braut für sieben Brüder“, „Unsichtbare Gegner“. „Das unsichtbare Netz“, „Verrat am Khyber-Paß“, „Das Forsthaus in Tirol“, „Die 5000 Finge' des Dr. T.“, „Im Zirkus der drei Manegen“, „Liebe ist ja nur ein Märchen“, „Romeo und Julia“, „Ihr Leibregiment“, „Die Drei von der Tankstelle“, „Der Seefuchs“, „Die Wirtin zur goldenen Krone“. — IV (Für Erwachsene): „In die Enge getrieben“, „Revolte im Frauenzuchthaus“, „Grünes Feuer“, „Ein Mann aus Stahl“, „Napoleon“, „Kampf am roten Fluß“. — IVa (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Overland Pacific“, „Lieber den Dächern von Nizza“, „Mozart“, „Schachmatt“. — IVb (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Mambo“, „Schweigepflicht“, „Vatertag“, ..Destry räumt auf“. — V (Abzuraten): „Razzia in Paris“.

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