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Concentus und 20. Jahrhundert

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Dns von Nikolaus Harnoncourt geleitete Wiener Ensemble für Alte Musik, Concentus Musicus, verfügt heute über ein teils originales, teils rekonstruiertes Instrumentarium, das hinsichtlich der klanglichen Authentizität für das 17. uni 18. Jahrhundert schlechthin perfekte Werk Wiedergaben ermöglicht. Das vierte Konzert des Bach-Zyklus im Mozart-Saal präsentierte das f-Moll- Ctmbalokonzert, das für drei Cembali (C-Dur), die Violinsonate (BWV 1017) und die Kantate „Von der Ver- gnügsamkeit”. Im ganzen ein erlesenes Programm, das von den Solisten Isolde Ahlgrimm, Herbert Tachezi, Johann Sonnleitner (Cembali), Alice Harnoncourt (Violine) und ‘ Rotraud Hansmann (Sopran) mit Geschmack, Stilgefühl, technischer Souveränität ausgeführt wurde. Und der Abend erfreute um so mehr, als man durchaus nicht das Gefühl hatte, an einem trockenen wissenschaftlichen Exkurs über historische Aufführungs- und Inter- orptationsDraxis teilzunehmen.

Im 5. Konzert des Zyklus „Meisterwerke des 20. Jahrhunderts” wurden drei Kompositionen aufgeführt, denen man diesen Ehrentitel nur bedingt zuerkennen mag, die aber Seltenheitswert haben und deren Präsentation daher sehr zu begrüßen ist. Das gilt vor allem für die das interessante Konzert beschließende 2. Symphonie von Sergej Prokofieff op. 40. Sie stammt aus der Mitte der zwanziger Jahre, ist Honeggers „Pacific 231” und Mosso- lows „Eisengießerei” benachbart und sollte selbst ein Werk „aus Eisen und Stahl” werden. Das gelang Prokofieff vor allem mit dem maschinenmäßig, unter bedeutender Lärmentfaltung abrollenden ersten Satz, der mit seiner konzisen Form und der Dauer von zehn Minuten eine ausgezeichnete Ballettmusik ergäbe. Der zweite und letzte Teil des Werkes beginnt mit einer mehr lyrischen Variatio- nenreihe, die aber auch bald unter die Herrschaft des ostinaten Rhythmus gerät und schwermütigzart verklingt. Der polnische Dirigent Jan Krenz war dem unbekannten Werk ein idealer Interpret. — Im Mittelpunkt des Programms stand Karol Szymanowskis 1. Violinkonzert op. 35 aus dem Jahr 1916. Das waren damals noch andere Zeiten… Mantrug mit Vorliebe schwelgerische Ekstase zur Schau, war extremer Individualist und, als Künstler, Expressionist. Mit Recht bezeichnet Rudolf Klein in seinem Programmkommentar die Form dieses Konzertes als „rhapsodisch” und macht auf die Nachbarschaft mit Skrjabin aufmerksam. — Der junge polnische Geiger Konstanty Kulka hat sich mit erstaunlicher Einfühlungsgabe in diese Welt eingelebt und den schwierigen Solopart mit intensivem Ausdruck und schwelgerisch-schönem Ton gespielt. — Die 1958 geschriebene „Trauermusik für Streicher in memoriam Bėla Bartök” von Witold Lutoslawski, hat uns seinerzeit, als wir sie in Wien hörten, besser gefallen. Bei der Wiederbegegnung bemerkt und bemängelt man die allzu offenkundige Abhängigkeit von dem großen Vorbild und wünscht sich für Bartok eine originelle Huldigung. — Jan Krenz hat das Orchester der Wiener Symphoniker mit Elan geleitet und mit dem Solisten gemeinsam Szymanowskis Konzert hinreißend musiziert.

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