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Halle: Das Händel-Fest

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Zum vierten Male lud Halle die Händel-Freunde zu einer Festwoche. Diesmal war sie mit der Gründung der neuen Händel-Gesellschaft verbunden, deren Programm neben der Veranstaltung des jährlichen Festes die Herausgabe der neuen Händel-Ausgabe und die Wiederaufnahme des seit 1933 eingestellten Händel-Jahrbuches umfaßt. (Die ältere Händel-Gesellschaft in Göttingen löste sich gleichzeitig auf.)

Die Senioren der Händel-Forschung, Prof. Schneider, Halle, und Prof. Steglich, Erlangen, haben einen Stab von ost- und westdeutschen, englischen und dänischen Mitarbeitern für die Hallische Händel-Ausgabe zur Seite, die gemeinsam vom Deutschen Verlag für Musik in Leipzig und dem Bärenreiter-Verlag in Kassel hergestellt wird. Der erste Band dieser Ausgabe lag den Festteilnehmern vor; ebenso der neue .Jahrgang des Händel-Jahrbuches. Im Gegensatz zu der hundertbändigen Ausgabe, die Chrysander in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts besorgte, wird die neue Händel-Ausgabe vor allem auf praktische Publikationen, das sind wissenschaftlich exakte und musikalisch brauchbare Klavicrauszüge, bedacht sein: aber, wo immer nötig oder wünschenswert, auch Partituren drucken-.

Die Händel-Festspiele 195 5 umfaßten drei Opern und zwei Oratorien. Daneben gab es zahlreiche Chor-, Orchester- und Kammermusik-Konzerte, die auch Werke von Vorläufern und Zeitgenossen Händeis enthielten.

Am Vorabend des Festes wurde das Oratorium ..Alexander Balus“ aufgeführt. Das eigentliche Eröffnungskonzert brachte im Landestheater unter anderem die Geburtstagode für Königin Anna und das dritte Krönungsanthem. Am nächsten Nachmittag hörte man unter anderem Telemanns Kantate „Die Tageszeiten“. Am Abend gab es eine Aufführung der neu erweckten Oper „II Radamisto“, glänzend inszeniert von Prof. Hein- Rückert, der auch den Text fjfi nachgedichtet hat. Die geschickte Erweiterung des Textes für einzelne

Strophen der Dacapo-Arien konnte die Ermüdung durch Gleichheit der Form nicht ganz bannen. In einem Konzert, das in der St.-Ulrichs-Kirche stattfand, hörte man Monteverdis „Große Vesper“ unter dem Kirchenmusikdirektor Eberhard Wenzel; im ehrwürdigen Chor der Evangelischen Kirchenmusikschule fielen die sicheren Knabenstimmen besonders auf. Am Abend desselben Tages gab es dann, unter dem Berliner Prof. Helmut Koch, eine Aufführung des eindrucksvollen Oratoriums „Israel in Aegypten“ mit Chor und Orchester des Staatlichen Rundfunkkomitees von Ost-Berlin. Diese technisch meisterhafte Aufführung wurde in einer späteren Diskussion aus stilistischen Gründen freimütig kritisiert; aber der sprechgewandte Dirigent wußte sich dabei gut zu verteidigen. Auf ein Kammermusikkonzert, das Werke von Zeitgenossen Händeis bot (J. S. Bach, Couperin und Rameau) folgte ein Orchesterkonjert der Dresdner Philharmonie, unter Prof. Heinz Bogartz, mit Werken der Bach-Familie, Haydns und Mozarts. Ein lokales Orchesterkonzert bot Werke von Händel, Telemann und Vivaldi, und am Abend des gleichen Tages hörte man eine Wiederholung der Oper „Ezio“. Ein anderes Chorkonzert -unter der Leitung des feinfühligen englischen Händel-Interpreten Arnold Goldsbrough enthielt die herrliche „Cäcilien-Ode“. Am späten Abend des vorletzten Tages gab es dann ein Freiluftkonzert in der Galgenbergschlucht, das in Massenbesetzung Teile aus der Wasser- und der (entsprechend illuminierten) Feuerwerks-Musik brachte. Der letzte Abend bescherte den Gästen die Wiederaufführung der Oper „Deidamia“ und Paolo Rollis amüsantes und pikantes Libretto, von Professor Steglich sinngemäß übersetzt, half Händel zu einem wirklichen Bühnenerfolg.

Die Opernaufführungen in Halle holen aus Händeis Werken alles heraus, was darin zu finden ist. Es dürfte nicht zuviel gesagt sein, wenn man diese Aufführungen als musterhaft bezeichnet.

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