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Kriegsrequiem und Kammerchor

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Benjamin Brittens „War Requiem” ist der ergreifendste Antikriegs- gesang der Gegenwart. Durch den Einbau von Gedichten des 1918 im Alter von 25 Jahren gefallenen englischen Dichters Wilfrid Owen, in die liturgischen Texte der Missa pro defunctis, erhält die Vision des Jüngsten Gerichtes eine unmittelbare Beziehung zur Gegenwart, zumal ein gewaltiger Musikant (im edelsten Sinne des Wortes) seiner Überzeugung tönenden Ausdruck gab, nicht spekulierend, sondern aus dem Herzen musizierend. Das ohne Pause durchgespielte Werk ließ keinerlei Müdigkeit aufkommen und fand intensivsten Beifallsdank, der ebenso der Wiedergabe galt. (Symphoniker, Singverein, Wiener Sängerknaben, Dirigent Carl Melles.) Von dem Solistenterzett trug vor allem Heather Harpers edler heroischer Sopran den Geist der Komposition, ihr standen, im Ausdruck menschlichen Leides ans Innerste rührend, Peter Schreier (Tenor) und Gerd Nienstedt zur Seite. Der Dirigent wußte die verschiedenen Ausdrucksmittel in Gesang und Orchester zu gigantischer Einheit zu gestalten. Die Chöre des Singvereins und der Wiener Sängerknaben gaben in Intonation und Farbigkeit ihr Bestes. Das aufwühlende Erlebnis des Abends am Beginn der Saison stellt große Anforderungen an die Gestalter der kommenden Konzerte.

Die Akademie für Musik veranstaltete einen Gastvortrag von William D. Halls über das Negro Spiritual, bei dem unter seiner Leitung der kalifornische Madrigalchor Chapman College Chamber Singers praktische Beispiele musizierte. Der kleine Chor offenbarte eine Kunst des Chorgesangs, die tatsächlich beispielgebend wirken konnte. Intona tion, soTistische Leistungen und klangliche Zusammenwirkung waren ebenso erstaunlich wie die Disziplin und Freude am Singen, die persönliche Beteiligung jedes einzelnen bis zur letzten Note. Der Abend ging ohne Notenblatt vor sich, Dirigent und Chor interpretierten auswendig. Das zumeist jugendliche Publikum war begeistert und rief die kleine Sängerschar zu vielen Zugaben.

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