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Bartok, Barockmusik, Belcanto

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Vorläufer der Festwochen scheinen dem Wiener Konzertpublikum beschert zu werden, wie man nach dem Aufgebot an prominenten Gästen in unseren Konzertsälen leicht glauben könnte. So stellte sich die Budapester Nationalphilharmonie, die lange nicht mehr in Wien gewesen war, mit einem betont nationalen Programm vor. Das Orchester, das bereits 1947 unter dem unvergessenen Ferenc Fricsay im Wiener Konzerthaus zu hören war, stand diesmal unter der Leitung des in Wien ebenfalls wohlbekannten Janos Ferencsik. Den Auftakt des überaus gelungen? Konzertes bildete Joseph Haydnr: ! Symphonie C-Dur, Nr. 9 2, („der Bär“), die allerdings etwas derb und nüchtern geriet — vielleicht zum Einspielen? Dann allerdings war das Orchester ganz in seinem Element: Zoltän Kodälys Orchestervariationen über das ungarische Volkslied „Der Pfau“, ein seltener gespieltes Werk des ungarischen Spätromantikers, behandeln ei kurzes Thema, das dann in vier knappen, fast

identischen Abschnitten von impressionistischer, dunkler Klangfarbe behandelt wird. Zu einem Höhepunkt wurde schließlich die Wiedergabe von B a r 16 k s „Concerto für Orchester“, einem der letzten, bereits in der Emigration entstandenen Werke des Meisters. Alle Kontraste dieser zum Teil autobiographische Züge tragenden Musik fanden ihren Schlußpunkt in dem hinreißend gesteigerten Finale. Das Orchester erwies sich allen technischen und künstlerischen Anforderungen durchaus gewachsen. Auffallend der disziplinierte Wohlklang der Streicher, die sicheren Bläser und das sichere, gar nicht unrein klingende Blech. Auffallend überhaupt die Sicherheit und Präzision, mit der das Orchester seiner Aufgabe nachkam. Der Dirigent des Abends, Janos Ferencsik, ist kein Mann der Äußerlichkeiten. Er stellt sich ohne großen Auftritt auf das Podium, um so deutlicher zu spüren ist sein Wille, das Werk bis ins kleinste, unwichtig erscheinende Detail

auszuarbeiten. Die beiden stürmisch bejubelten Zugaben, der „Kaiserwal-zer“ und der „Racoczy-Marsch“ bildeten den Schlußpunkt eines der gelungensten Konzette der Saison.

Der immer größer werdenden Anziehungskraft barocker Musik Rechnung tragend, spielte das Ensemble „C o n c e n-tus Musicus“ im Wiener Mozartsaal die Brandenburgischen Konzerte Nr. 1, 2 und 4 von Johann Sebastian Bach. Die Brandenburgischen Konzerte Nr. 3, 5 und 6 wurden bereits im Oktober vergangenen Jahres dargeboten. Auf alten Instrumenten ..spielend,, konnte das Ensemble eine ungewöhnlich dichte Wirkung erzielen. Allerdings zeigte das Konzert auch die ganze Problematik auf, die mit der Pflege alter Musik verbunden ist. Musik ist zweifellos kein Museumsstück, ihr Klangbild sollte nicht mit unzulänglichen Mitteln realisiert werden. Musik ist zeitlos — der Versuch einer authentischen Interpretation kommt dem Säubern verstaubter Musealobjekte gleich. Nichtsdestoweniger ist dem Ensemble für seine, in erster Linie doch den Musikhistoriker fesselnde Interpretation zu danken. Hervorzuheben sind vor allem die Solisten Walter H o 1 y (Trompete), Alice Harnoncourt (Geige) und Jürg Schaf tiein (Oboe und Blockflöte). *

In Großen Konzerthaussaal t gab Giuseppe d i Stefano, der „größte Tenor der Welt“, wie er sich gerne nennen läßt, einen Lieder- und Arienabend. Di Stefano, seit einiger Zeit wegen angeblicher Differenzen mit der Leitung der Staatsoper nicht mehr in Wien zu hören, focht einen heroischen Kampf mit den Tücken des Saales, der für einen Liederabend denkbar ungeeignet ist. Eine Absage in letzter Minute hing deshalb in der Luft. Ob der Sänger wohl aus diesem Grund besonders nervös war? Nun, seine Anhänger, besonders die Anhängerinnen, schien das nicht, zu stören. Sie jubelten ihrem Idol zu, als stünde der gefeierte Tenor auf der Opernbühne, wo wir ihn freilich auch lieber gesehen hätten. Das geschickt zusammengestellte Programm freilich ließ die Mängel des Saales etwas in den Hintergrund treten, war es doch so aufgebaut, di Stefanos Stimme vorzüglich zur Geltung zu bringen. Trotzdem waren Ermüdungserscheinungen nicht zu überhören. Der Jubel des Publikums steigerte sich von Nummer zu Nummer und erreichte seinen Höhepunkt bei der einzigen Draufgabe, Lehärs „Dein ist mein ganzes Herz“, die allerdings mißglückte.

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