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Musik aus Frankreich

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Zwei Meisterwerke des 20, Jahrhunderts, denen man mit einiger Sicherheit Dauer voraussagen kann, standen auf dem Programm des von Bruno Maderna geleiteten Orchesterkonzerts der Wiener Symphoniker im Großen Konzerthaussaal: Debussys drei symphonische Skizzen „La mer“, 1905 beendet und von Andre Suares mit Recht als „das größte und schönste musikalische Gedicht der französischen Musik“ bezeichnet — und Strawinskys Ballett in zwei Teilen „Le sacre du Printemps — Bilder aus dem heidnischen Rußland“, das während dem ersten Pariser Aufenthalt Stra-winskys 1910 bis 1914 entstanden ist und durch Diaghilew, den Auftraggeber, in der Pariser Oper uraufgeführt wurde. Der lyrische Charme des Meeresgedichts ist heute noch ebenso wirksam wie der permanente Chock von Strawinskys Meisterpartitur. Bruno Maderna ist beiden ein idealer Interpret. Der gebürtige Mailänder, der aussieht wie der junge Milhaud, das heißt wie ein Sizilianer oder Südfranzose, geht an beide Werke mit einem unverkennbaren mediterranen Klang- und Schönheitssinn heran. Für einen tüchtigen Dirigenten von heute haben diese lange Jahre als unspielbar geltenden Partituren ihre Schrecken längst eingebüßt. Aber daß Strawinskys Partitur auch „schön“ klingen kann, ist eine relativ neue Entdeckung. Maderna meidet allzugrelle Farben und hektische Akzente. Er gliedert die komplizierte Partitur nicht nur formal, sondern gewissermaßen auch in Klangsträngen mit fast orgelartigem Timbre. Ähnlich geht er bei der — recht anders strukturierten — Partitur Debussys zu Werk, wo er jede Aufsplitterung vermeidet und mit ruhiger Hand eine leuchtende sonore Fläche neben die andere setzt. — Die Fünf Stücke für Orchester op. 10 von Webern, 1911 bis 1913, also gleichzeitig mit Strawinskys „Sacre“ entstanden, interpretiert er mit aller wünschenswerten Akuratesse. Auch dieses Fünfminutenwerk hat als Endprodukt einer jahrhundertelangen Entwicklung, als fragile Blüte auf dem kräftigen Stamm der Wiener Klassik und Romantik, seinen hohen Kunstwert. Als Fundament einer neuen Entwicklung scheint es uns, je mehr man darüber nachdenkt, mißverstanden und mißbraucht. Doch dafür kann sein Schöpfer nichts ...

Durch sein Programm und eine hochtalentierte Interpretin mit ausgeprägter Eigenart war ein Konzert im Französischen Kulturinstitut (Palais Lobkowitz, Eroica-Saal) recht interessant. Nach der einleitenden Sonatine Nr 3 von Franz Schubert spielte die französische Geigerin Brigitte de Beaufond Violinsonaten von Faure und Debussy, denen die in

Paris Mitte der dreißiger Jahre geschriebenen „5 Melodies“ von Prokofleff und de Fallag seohsteilige „Suite populaire espagnole“ von 1914 folgten. Besonders In der umfangreichen und virtuosen Faure-Sonate aus dem Jahr 1876, die bei uns zu Unrecht so gut wie unbekannt ist und die der vlelgespielten Franck-Sonate wenig nachsteht, zeigte Brigitte de Beaufond nicht nur eine ausgezeichnete Technik, sondern einen fast männlich-energischen Bogenstrich und ein bemerkenswertes Temperament, das in der spanischen Suite einige Male mit Vehemenz durchbrach. In Debussys Violinsonate von 1916/17, einem seiner allerletzten Werke, fehlte es auch an farbigen Feinheiten und Zwischentönen nicht. — Brigitte de Beaufond, lebhaft akkia-miert, befindet sich auf einer ausgedehnten Tournee. So mag sie für die Proben zu diesem Konzert mit Prof. Franz Holetschek nur wenige Stunden zur Verfügung gehabt haben. Daß alles “so ausgezeichnet klappte und zu plastischer Wirkung kam, ist nicht zuletzt dem versierten Begleiter zu verdanken, der bei der Interpretation der Faure-Sonate auch als Klaviervirtuose hervortrat.

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